Den Papst wachküssen

RELIGION Ein Bündnis will den Papst bei seinem Berlin-Besuch im September daran erinnern, wie antiquiert seine Haltung zur Sexualität ist. Große Demonstration geplant

„Wir fordern Akzeptanz von allen, auch vom Papst“

JÖRG STEINERT, LSVD-GESCHÄFTSFÜHRER

VON SARAH KOHLHAUER

„Wenn der Papst nach Sodom kommt, kann er Gomorra bekommen“ – für Bruno Gmünder steht fest, welchen Empfang man Papst Benedikt XVI. im September in Berlin bereiten will. Buchverleger Gmünder war am Donnerstagabend dabei, als sich in den Räumen des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg (LSVD) VertreterInnen von mehr als 20 Organisationen zur Gründung des Netzwerkes „Der Papst kommt“ trafen. Sie wollen unter anderem gegen die fragwürdige Sexualmoral der katholischen Kirche und ihrer Vertreter protestieren.

Der Pontifex wird vom 22. bis 25. September zu seinem ersten offiziellen Besuch in Deutschland erwartet. In Berlin soll er eine Messe halten und vor dem Deutschen Bundestag reden. Die christenarme Hauptstadt ist ein heißes Pflaster für den katholischen Oberhirten. Bei Benedikts letzter Visite im Juni 1996, damals als Kardinal und Begleiter von Johannes Paul II., wurden Farbeier aufs „Papamobil“ geworfen. Zudem gab es weitere Proteste schwul-lesbischer Gruppen.

Zwei Stunden Debatte

Dass der Papst auch den nächsten Berlinbesuch in Erinnerung behält, dafür will das Netzwerk sorgen. 50 Männer und zehn Frauen, darunter Vertreter der Grünen, der Jusos, Ver.di und Pro Familia, aber auch kirchenkritische Katholiken, diskutierten während der zweistündigen Sitzung am Donnerstag darüber, wie man Benedikt am besten empfange. Die Vorschlage reichten von schrägen Puppentheater bis hin zu Kiss-ins und Demos.

Die Vorwürfe des Bündnisses umfassen viele Bereiche. Die Gewerkschaft kritisiert, dass katholischen Einrichtungen Schwule und Lesben wegen ihrer sexuellen Orientierung in bestimmten Fällen entlassen dürfen. Das Verbot, Kondome zu benutzen, wird von vielen als antiquiert angesehen. Auch die geplante Rede des Kirchenoberhaupts vor dem Bundestag sorgte für Unverständnis. Ein Religionsführer, der gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften als „Legalisierung des Bösen“ bezeichne, habe hier nichts verloren, sagte Ulrich Keßler vom LSVD. Stattdessen möge der Papst doch das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Juden besuchen.

Ziel des Protests sei es, bereits im Vorfeld des Papstbesuchs auf die diskriminierende Haltung der katholische Kirche zu Homosexualität aufmerksam zu machen – „ohne dabei jedoch die religiösen Gefühle zu verletzen“, betonte LSVD-Sprecher Günter Dworek.

Letztlich einigte man sich darauf, eine große Demonstration zu organisieren, und hofft auf mehrere zehntausend TeilnehmerInnen. Organisiert wird sie vom CSD-Verein, der auch die jährliche Parade auf die Beine stellt. Die anderen Protestformen – die oft im Detail noch geklärt werden müssen – sollen hingegen vom LSVD koordiniert werden. „Wir fordern Akzeptanz von allen, auch vom Papst“, machte Jörg Steinert, Geschäftsführer des LSVD, deutlich.

■ Kampagneerfahrene Aktivisten und UnterstützerInnen sind gern willkommen: joerg. steinert@lsvd.de