Der Steinzeit-Mann

GESCHICHTE Im Steinzeitpark Albersdorf im Kreis Dithmarschen wird eine Kulturlandschaft der Zeit um 3.000 vor Christus rekonstruiert, samt Gräbern und Hütten. Die eigentliche Attraktion aber ist der Museumspädagoge Werner Pfeifer, der im Steinzeitpark ein Leben wie in der Steinzeit führt

■ Seit 1997 gibt es den Förderverein „Archäologisches Ökologisches Zentrum Albersdorf“ (AÖZA). Der Verein hat über Jahre hinweg den Steinzeitpark geplant und kümmert sich um dessen Pflege.

■ Erkunden kann man den Park zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Dabei gibt es verschiedene Stationen zu besichtigen: einen steinzeitlichen Brunnen, einen Opferplatz, verschiedene Nachbauten von Steinzeithäusern und Grabstätten.

■ Unter Anleitung kann man aus Leder Beutel basteln, mit Naturfarben malen, mit Pfeil und Bogen schießen oder steinzeitliche Werkzeuge ausprobieren. Außerdem leben verschiedene Tiere in dem Park, zum Beispiel ein Englisches Parkrind oder ein Vielhornschaf.

■ Vorführungen und Mitmach-Aktionen gibt es im Steinzeitpark immer an Sonn- und Feiertagen und an den Samstagen in den Monaten Juli und August.

■ Gefeiert werden können (Kinder-)Geburtstage und Betriebsfeiern in steinzeitlicher Umgebung.

■ Geöffnet ist der Park von April bis Oktober täglich von 11 bis 17 Uhr, montags ist er geschlossen. Jeden Sonntag wird das „Leben im Steinzeitdorf“ mit Führungen und Mitmachaktionen lebendig.

■ Die Eintrittspreise liegen zwischen 1,50 Euro und sechs Euro. Es gibt ermäßigte Familienkarten.

VON FRIDA KAMMERER

Noch vor der Ausfahrt Albersdorf an der A7 sieht man eins von diesen braunen Schildern, die auf Besonderheiten der Region hinweisen sollen: Steinzeitpark. Gemeint ist ein rund 40 Hektar großes Areal, in dem es um die Stein- und Bronzezeit geht. Wem die 40 Hektar zu viel sind, kann auch nur den kleinen Rundgang durch das Dorf machen. Die naturbelassene Landschaft kann auch mit dem Fahrrad erkundet werden.

Begonnen hat alles 2003 als bei Rastorf, zehn Kilometer südlich von Kiel, bei Ausgrabungen des archäologischen Landesamtes der Grundriss eines Hauses aus der Jungsteinzeit gefunden wurde. Das Haus wird auf 15 Meter Länge und sieben Meter Breite geschätzt. Genau kann man das nicht sagen, nur die Ausgrabungsstellen und die Löcher in den gefundenen Baumstämmen lassen darauf schließen.

Die Originalgräber sind leider nicht zu besichtigen, das sind historische Stätten und stehen unter Denkmalschutz. Diese wurden aber nur 100 Meter weiter originalgetreu nachgebaut, inklusive Höhlenmalereien und echten Urnen. Die Kinder können in den Gräbern in einem Sandkasten selber „Ausgrabungen“ machen. Ein künstliches Hammelskelett gilt es in 30 Zentimetern Tiefe zu finden. Kinder können außerdem selber Naturfarben mischen und damit malen, Beutel aus Leder basteln und Feuer machen. Beliebt ist auch der Bogenschießstand, bei dem auf eine Zielscheibe geschossen wird.

Die wohl interessanteste Attraktion im Steinzeitpark ist Werner Pfeifer. Der 49-jährige Museumspädagoge ist in Namibia geboren und aufgewachsen. Der Liebe wegen zog er nach Deutschland und studierte hier Biologie und Erdkunde auf Lehramt.

Heute steht er in selbstgenähten Lederleggins mit Lederweste vor seinem Haus. Es ist ein Nachbau jener Häuser, deren Reste bei den Ausgrabungen gefunden wurden. Er hat ein kleines Haupthaus, das, bis auf das Gerüst, komplett aus Reet besteht. Hier gibt es drei Baumstümpfe mit Rehfell als Hocker und eine Feuerstelle. Zwar hat das Dach ein Loch als Abzug, aber wenn der Wind richtig bläst, wird es schnell rauchig im Häuschen.

Über dem Feuer hängt ein Topf, ein Mitbringsel aus Namibia. Das Abendessen wird darin gekocht. Was es gibt? „Den letzten Auerhahn von Albersdorf, mit selbst ausgegrabenem Gemüse!“, sagt Pfeifer mit stolzer Brust – und fängt gleich an zu lachen. „Nein, den hab’ ich nicht selbst gefangen, der ist vom Sky nebenan. Genau wie das Gemüse.“

Mit seinem gräulichen Vollbart sieht Pfeifer wirklich aus, als käme er aus der Steinzeit. Er erinnert ein wenig an Maestro, den netten Mann aus „Es war einmal ... der Mensch“.

Die Lederleggins sind mit groben Stichen selbst zusammengenäht. Wie bei einer Cowboyhose, die man beim Reiten über der Jeans trägt. Vorne und hinten hängt ein Lederschurz über den Lenden. Die Lederweste steht weit ab und wird auch nur durch grobe Stiche zusammengehalten.

Jetzt im Sommer, wenn es warm ist, wohnt Pfeifer richtig in dem Steinzeitdorf. Zwar geht er beim Discounter um die Ecke einkaufen, dann in normalen Kleidern und gelegentlich auch mit dem Auto, aber er verbringt den ganzen Tag dort.

Das Steinzeitdorf arbeitet eng mit dem archäologischen Institut der Universität Hamburg und dem Ökologiezentrum der Christian-Albrechts-Universität Kiel zusammen. Oft bekommt Pfeifer von den Studenten Besuch. Die Hamburger planen momentan ein kleines Boot aus Tierhäuten zu bauen. Pfeifer ist das nicht groß genug, er möchte ein richtiges Kanu, mit dem er auch auf dem kleinen Teich vor seiner Tür fahren kann.

Die Werkzeuge dafür hat er schon. Stolz zeigt er „den ersten Akkubohrer der Geschichte“. An einem dünnen Holzstab wird ein zurecht geschlagener Feuerstein befestigt. Auf die andere Seite des Hölzchens wird eine Kerbe gefeilt. Dort wird ein Stück Schnur drüber gelegt. An die beiden Schnurenden wird auch ein kleiner Holzscheit mit einem Loch gebunden, die Schnur bildet nun ein Dreieck, das Stöckchen wird durch das Loch geschoben. Zieht man den Holzscheit nach oben oder unten, verdrillt sich der Faden um den Stock und dreht sich dadurch wie von allein.

„Das ist der absolute Renner bei den Kindern“, sagt Pfeifer. Wenn die Kinder den Bohrer einmal entdeckt hätten, dann würden sie ihn kaum mehr aus der Hand geben.

Das Modell gibt es auch etwas simpler: Einfach ein Stock mit Kerbe und Feuerstein nehmen, an einen Faden zwei Schlaufen machen und schon kann man den Stock beliebig lange reiben, ohne dass die Hände nach unten rutschen. So kann man Bohren oder Feuer machen.

Bald wird Pfeifer wieder Besuch bekommen. Ein paar Studenten und Freunde wollen ein paar Tage bei ihm bleiben. Darüber freut sich Pfeifer am meisten, wenn er mit mehreren im Steinzeitdorf ist. Rüdiger Kelm vom Museum für Archäologie und Ökologie Dithmarschen freut sich über Menschen wie Pfeifer: „Er macht das Dorf erst wirklich lebendig.“