Lausitz hofft auf Kupferschatz

Liegen im brandenburgischen Boden 1,5 Millionen Tonnen Kupfer? Ein Bergbaukonzern will mit Bohrungen ein Vorkommen erkunden, das schon in der DDR bekannt war. Die Region hofft auf Jobs

Von GITTE DIENER

Kohle ist im Jahr 2018 out, Kupfer aber vielleicht extrem in: Einer der größten, weltweit agierenden Bergbaukonzerne, Anglo American, ist bereit, viel Geld in der Lausitz zu investieren. Zwischen dem brandenburgischen Spremberg und Weißwasser in Sachsen befindet sich eines der größten Kupfervorkommen in Europa. An die Schätze in 1.000 Meter Tiefe ranzukommen, könnte wirtschaftlich für den Konzern interessant sein.

Dass diese Region auf Kupferschätzen sitzt, ist bereits seit DDR-Zeiten bekannt. Es gab Probebohrungen – doch tatsächlich abgebaut wurde nie. „Das lag nicht nur an mangelnden Produktionsmitteln in der DDR, der Preis für Kupfer war einfach im Keller“, sagt Klaus Freytag. Er ist Präsident des Landesamts für Bergbau, Geologie und Rohstoffe in Brandenburg. Heute ist das anders. Die Nachfrage nach Kupfer auf dem Weltmarkt ist größer als das Angebot. Und der Preis steigt. Während die Tonne Kupfer in den 80er-Jahren zwischen 800 und 1.000 US-Dollar brachte, liegt der Preis inzwischen bei rund 5.700 Dollar. Der größte Abnehmer ist das Wirtschaftsboomland China. Kupfer wird zum Beispiel in Stromkabeln verwendet.

Das Städtchen Spremberg hofft jetzt, dass der Schatz geborgen wird. „Neben der Braunkohle ein zweites Standbein zu haben, wäre eine wunderbare Sache“, sagt Bürgermeister Klaus-Peter Schulze. Der Ort mit 26.000 Einwohnern hat eine Arbeitslosenquote von 15 Prozent. Wenn es ernst wird mit dem Abbau, entstehen neue Jobs in der Region. Fachkräfte für den Untertagebau würden nach Spremberg ziehen, die Entwicklung der Infrastruktur würde angekurbelt, der Dienstleistungssektor wachsen, die Kaufkraft gesteigert – der Hoffnungsschimmer am Spremberger Horizont glänzt in Kupfer.

Ob der Konzern tatsächlich investieren wird, ist aber noch unklar. Denn noch ist unbekannt, wie viel Kupfer tatsächlich im Boden lagert. Derzeit kursieren unterschiedliche Zahlen: Einmal ist von 1,5 Millionen Tonnen Kupfererz die Rede, das ist ein Gestein mit einem Kupferanteil bis 2 Prozent. Ein anderes Mal aber von 1,5 Millionen Tonnen reinem Kupfer. Zum Vergleich: Polen – der größte europäische Exporteur – verfügt nach Angaben der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe über ein Vorkommen von 800 Millionen Tonnen Kupfererz. 1,5 Millionen Tonnen Lausitzer Erz wären da eher lächerlich.

Für Gregor Borg von der Uni Halle-Wittenberg sind die unterschiedlichen Angaben verständlich. Er lehrt und forscht am Fachbereich Geowissenschaften und berät Bergbaukonzerne. Seine Arbeit führte Ende 2006 dazu, dass Anglo American Anträge für eine Exploration des Gebiets um Spremberg gestellt hat. Noch seien nur vorsichtige Schätzungen möglich, so Borg. Die in der DDR gemachten Probebohrungen sind nur eingeschränkt aussagekräftig: Zum Beispiel sei das Bohrraster, also die Abstände zwischen den einzelnen Probebohrungen, viel weiter als heute üblich. Darüber hinaus seien die Analysemethoden völlig andere. Und unglücklicherweise sei das Gesteinsmaterial aus den damaligen Bohrungen, die Bohrkerne, nicht mehr vorhanden – dafür aber die alten Aufzeichnungen. Sicher ist: Zuerst muss Archivmaterial gesichtet werden, dann entscheide sich, ob es zu neuen Probebohrungen kommt, erklärt Borg. Das Projekt dauert vier bis fünf Jahre, bevor umfassend geprüft ist, ob ein Abbau rentabel ist.

Weltweit ist Chile der mächtigste Kupferexporteur, der Staat betreibt die Minen. In ganz Südamerika gebe es Überlegungen, Minen zu verstaatlichen, sagt Wissenschaftler Borg. Der Konzern Anglo American schaut sich deshalb auf der ganzen Welt nach alternativen Vorkommen um. Dass die Experten auch die Lausitz prüfen, ist laut Borg eher ein Routinevorgang, um keine Möglichkeit zu vergeben. Dass sich die Ausbeutung tatsächlich lohnt, ist damit längst nicht gesagt. Auch wenn die Lausitz vor anderen Produzenten einen Pluspunkt hätte: Bei allen Sperenzchen, die die Brandenburger CDU gerade vorführt, ist sie eine politisch stabile Region.