HEIKE HAARHOFF ÜBER BETRUG IM INTERNATIONALEN PHARMAGESCHÄFT
: Die hässliche Seite des Systems

Hier geht es nicht einfach nur um Betrug: HIV-Medikamente, von Pharmaunternehmen in Industrieländern produziert für die Ärmsten der Kranken, sind nie bei den Patienten angekommen. Stattdessen wurden sie in Südafrika von deutschen Pharmagroßhändlern unglaublich billig aufgekauft und an Apotheken in Deutschland abgegeben – zu Preisen, die weit über den südafrikanischen und weit unter den deutschen für ein und dasselbe HIV-Medikament liegen.

Das Ganze ist die hässliche Seite eines Systems der „abgestuften Preisgestaltung“, das Pharmaunternehmen weltweit mit Billigung der jeweiligen Regierungen praktizieren. Danach gibt es für ein Arzneimittel drei verschiedene Preise: einen für Industrieländer, einen für Schwellenländer und einen hoch subventionierten, aber imagefördernden für die am wenigsten entwickelten Staaten. Bei vielen Medikamenten, beispielsweise der Antibabypille, ist der sogenannte Re- oder Parallelimport nach Deutschland in gewissen Kontingenten legal und politisch erwünscht. Es profitieren ja auch so viele davon: die Hersteller, die Großhändler, die Apotheken und in gewisser Weise sogar die Patientinnen, die glauben, quasi ein Pillenschnäppchen zu machen.

Bei diesem System wird es aufabsehbare Zeit auch bleiben. Wer möchte, dass HIV-Infizierte in Südafrika nicht um ihre Medikamente betrogen werden, der muss pragmatisch ansetzen: sichere Vertriebswege schaffen, mehr Zollkontrollen durchführen, NGOs, die die Medikamente vor Ort verteilen, auf ihre Zuverlässigkeit hin abklopfen. Oder es schlicht so machen wie der US-Pharmakonzern Abbott: Der hat sein HIV-Medikament unterschiedlich eingefärbt – rot für die armen, blau für die reichen Länder. Da lässt sich Missbrauch relativ simpel überprüfen.

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