Karlsruhe unterstützt die Bundesregierung

JUSTIZ Klage gegen Anti-NPD-Aufruf von Ministerin Manuela Schwesig wird voraussichtlich abgelehnt

KARLSRUHE taz | Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) hat ihre Neutralitätspflicht wohl nicht verletzt, als sie in einem Interview aufrief, den Einzug der NPD in den Thüringer Landtag zu verhindern. Bei der mündlichen Verhandlung am Bundesverfassungsgericht zeigten alle Richter des Zweiten Senats, dass sie die Äußerung für zulässig halten.

In einem Interview bei der Vergabe des Thüringer Demokratiepreises hatte Schwesig im Juni gesagt: „Ziel Nummer 1 muss sein, dass die NPD nicht in den Landtag kommt.“ Sie werde „mithelfen, alles dafür zu tun, dass es erst gar nicht so weit kommt“. Die NPD erhob daraufhin Organklage gegen die Ministerin. Sie habe ihre Neutralitätspflicht und die Chancengleichheit der Parteien verletzt.

Familien-Staatssekretär Ralf Kleindiek (SPD) verteidigte in Karlsruhe Schwesigs Äußerungen. Sie habe sich eindeutig als SPD-Politikerin und nicht als Ministerin geäußert. Aber auch als Ministerin hätte Schwesig vor den Gefahren extremistischer Parteien warnen dürfen.

Verfassungsrichter Peter Müller, der das Urteil vorbereitet, hält eine Differenzierung zwischen Regierungsamt und Parteipolitik für „lebensfremd“. Die Neutralitätspflicht könne sich daher gar nicht auf Interviewäußerungen beziehen. Verboten wäre nur der Einsatz von materiellen Mitteln des Ministeriums, etwa der Druck parteiischer Broschüren. NPD-Anwalt Peter Richter entgegnete, dass Schwesig mit dem Dienstwagen nach Thüringen gefahren sei, „also hat sie Mittel des Ministeriums eingesetzt“. Damit konnte er die Verfassungsrichter nicht überzeugen. „Sie ist mit dem Dienstwagen zur Verleihung des Demokratiepreises gefahren“, sagte Richter Müller, „und das war eindeutig eine dienstliche Angelegenheit.“ Das Urteil wird in einigen Wochen verkündet. CHR