Leben im Ungewissen

PROJEKT Hamburger Lampedusa-Flüchtlinge sind die Hauptdarsteller in einem Kurzfilm. Damit der finanziert werden kann, sammelt der Regisseur Spenden

Es fehlen nur noch ein paar hundert Euro, dann ist die Finanzierung des Kurzfilms „Life Was Good In Lybia“ gesichert. Noch bis kommenden Sonntag sammelt der Filmemacher Roman Toulany auf der Crowdfunding-Plattform www.nordstarter.org Geld für sein neuestes Projekt. Er plant einen Spielfilm über das Leben der Lampedusa-Flüchtlinge auf St. Pauli. Sein Argument, um Geldgeber zu überzeugen: „Wer dieses Projekt unterstützt, gibt den teilnehmenden Menschen die Möglichkeit etwas zu erschaffen, das nach all den Jahren der Ungewissheit und des Verlustes einen beständigen Wert hat.“

Die Hauptrollen werden von Männern gespielt, die selbst über Lampedusa nach Hamburg kamen. Auf ihren Geschichten basiert auch das Drehbuch, in dem Toulany vier mehr oder weniger fiktive Charaktere geschaffen hat. Jeder von ihnen versucht auf seine Weise, mit der Situation fertigzuwerden und die drohende Abschiebung abzuwenden.

Trotz der prekären Lage seiner Protagonisten soll der Film eine Komödie werden: „Es kamen so viele Kamerateams, die nur den Ernst der Lage thematisieren wollten“, sagt Toulany. „Deswegen wollte ich einen Film machen, über den man lachen kann.“

Ständiger Wartezustand

Einer der Hauptdarsteller ist der 31-jährige Andreas Listowell, der bis vor kurzem Sprecher der Lampedusa-Flüchtlinge war, die auf dem Gelände der St. Pauli Kirche lebten. Inzwischen wohnt er in einer städtischen Flüchtlingsunterkunft und wartet auf die Entscheidung über seinen Antrag auf Bleiberecht. Der Film gibt ihm die Möglichkeit, endlich einmal nicht mehr nur Flüchtling sein zu müssen. So arbeitet er nicht aus politischen Gründen daran mit, sagt er: „Wir wollen den Leuten zeigen, dass wir Schauspielern können. Wir sind keine faulen Leute!“

Damit ist der Film auch ein Beitrag zur Debatte über die Rechte der Lampedusa-Flüchtlinge: Seit über einem Jahr kämpfen sie unter anderem für eine Arbeitserlaubnis in der Hansestadt. Aber auch Toulany betont, dass er den Film nicht aus politischen Gründen macht: „Wenn man mit einer politischen Intention rangeht, dann erzählt man eine Geschichte zu einseitig.“

Dass der Film über Crowdfunding finanziert wird, ist kein Zufall. Erst im Mai schrieb Toulany das Drehbuch, danach ging alles ganz schnell. „Film braucht eigentlich seine Zeit“, sagt der 25-Jährige. Allein das Beantragen von Fördergeldern könne Monate dauern. „Solange kann man mit Menschen mit ungewisser Zukunft aber gar nicht planen.“ Die 5.000 Euro, die Toulany für den Kurzfilm benötigt, hat er fast zusammen. Jeder Cent mehr eröffne weitere Möglichkeiten, sagt er.

Die Dreharbeiten zu „Life Was Good In Lybia“ sollen bis Ende August abgeschlossen sein. Im September will Toulany den Streifen dann schneiden, um ihn im Herbst auf Filmfestivals vorzustellen. Findet er so Geldgeber, soll aus dem halbstündigen Kurzfilm ein vollwertiger Spielfilm werden.  BENJAMIN LAUFER