strindberg beim hundesport von RALF SOTSCHECK
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Nach anfänglichen Missverständnissen, als ich Speyer wegen einer schnöden Alliteration mit Spandau und Spandahlen in einen Topf warf, haben die Kaiserstadt und ich uns angefreundet. Schließlich hat Speyer kulinarische Höhepunkte wie das Restaurant Zweierlei und die Weinstube Schwarzamsel zu bieten.

Am Abend vor dem „Mantelsonntag“ ist jedoch alles ausgebucht, denn an diesem Tag treiben die Frauen aus dem ganzen Landkreis ihre Gatten nach Speyer, um ihnen einen Wintermantel zu verpassen. Ulla, Marion, Winnie und ich irren hungrig von einem Gasthaus zum nächsten und müssen uns zu guter Letzt auch noch verhöhnen lassen. „Wenn ihr Maurer und Tischler dabei habt, könnt ihr ja hinten ein Gastzimmer anbauen“, meint der schlichte Wirt von der Alten Münze und hält sich irrtümlicherweise für witzig. Da fällt Marion etwas ein. „Wir gehen zum Hundesport“, schlägt sie vor. Hundesport auf nüchternen Magen? Etwas außerhalb gebe es den Hundesportverein Speyer, und in dessen Kantine sei immer Platz, meint Marion. Sie hat Recht: Im Resopalparadies mit verblüffend leuchtgrünen Kacheln hinter dem Tresen herrscht gähnende Leere. „Tagsüber ist mehr los“, meint Ulla.

Am Wochenende kommen Herr und Hund zum gemeinsamen Training, sagt Winnie. Sie rennen im Tandem über den Parcours oder gehen gemeinsam in die Hundeschule, wo sie am Ende eine Dressurprüfung ablegen – die Hunde jedenfalls. In der Kantine sind die Kläffer aber nur als Wanddekoration zugelassen. Überall hängen Plaketten mit Hundeköpfen, in der Vitrine in der Ecke stehen Hundepokale, und selbst die Weizenbiergläser sind mit Schäferhunden dekoriert. Es fehlt bloß noch ein ausgestopfter Hundekopf, wie er in bayerischen Wirtshäusern üblich ist. Dort nehmen sie statt der Hunde allerdings Hirsche.

Zum Glück fehlen Hunde auf der Speisenkarte. Dafür sind Steaks in allen Variationen verzeichnet: mit Röstzwiebeln oder Pfifferlingen, mit Rahmsauce oder grünem Pfeffer. Was aber ist „Steak Eberhard“? Eberhard sei Stammgast, erklärt Gisela, die freundliche Kellnerin, und er bestelle sein Steak immer mit viel Knoblauch. „Irgendwann haben wir es dann auf die Karte gesetzt“, sagt Gisela. Ich möchte wissen, was sich Strindberg im Hundesportverein bestellt habe. Der schwedische Schriftsteller sei nie im Hundeclubhaus gewesen, räumt Gisela ein. Das Steak Strindberg sei ein historisches Gericht. Also in Ei und Zwiebelmus gewälzt, wie es erstmals 1959 im Frankfurter Restaurant Kopferpanne serviert wurde? Nein, im Hundesportverein werden zum Strindberg Preiselbeeren gereicht. Ich bestelle lieber eine Kombination: Eberhard mit Röstzwiebeln und Pfifferlingen. Jürgen, der entsetzlich blasse Koch, der eine Megaparty hinter sich zu haben scheint, wird bei meiner Bestellung noch eine Spur blasser, fügt sich aber in sein Schicksal. Die Kreation, die er mir serviert, sieht aus wie ein Scheiterhaufen, entpuppt sich jedoch als das beste Steak, das ich seit Jahren gegessen habe. Ob er es als „Steak Ralf“ auf die Karte nehmen möchte? „Bah, so ein Mischmasch kommt gar nicht in Frage“, ereifert sich Jürgen, und für einem Moment kommt eine Spur Farbe in sein Gesicht.