Kommentar
: Sparen ohne Weitblick

■ Die neuen EU-Agrarsubventionen ruinieren die kleinen Bauern

Die kleinen Bauern werden schneller in den Ruin getrieben als bisher, und die ganz großen sind mit einem blauen Auge davongekommen – so läßt sich der Kompromiß der EU-Agrarminister kurz zusammenfassen. Wenn in den nächsten sieben Jahren die von der EU garantierten Abnahmepreise für Milch, Rindfleisch und Getreide um etwa ein Fünftel reduziert werden, sinken auch die Einnahmen der Bauern um einen ähnlichen Betrag. Dies wird das Ende zahlreicher kleiner und mittlerer Bauern beschleunigen, weil sie schon bisher an der Grenze der Profitabilität oder drunter arbeiten.

Dabei ist die gestern vereinbarte Reform auf den ersten Blick volkswirtschaftlich vernünftig. Denn nun sinkt der Betrag, den die EU-Steuerzahler beispielsweise auf jeden Zentner Weizen draufzahlen müssen, den die Bauern in den Lagerhäusern abgeben. Der Anreiz zur Überproduktion wird also etwas schwächer.

Und trotzdem: Etwa 300 Milliarden Euro werden die EU-Bürger in den nächsten sieben Jahren für Agrarsubventionen berappen. Skandalös ist, daß diese Summe nicht stärker an Bedingungen geknüpft wird – zum Beispiel mehr Geld für umweltbewußte Bauern, für regionale Vermarktung statt EU-weitem Produkttourismus oder gar an eine Zahl der Arbeitsplätze pro Hektar. All diese Bedingungen hätten die Großbetriebe stärker getroffen als die arbeitsintensiveren kleineren. Und dies wußte die Agrarglobby zu verhindern. Fit für den Weltmarkt und billige Rohstoffe für die Supermärkte – diese Devise hat sich durchgesetzt. Für sinnvolles Sparen gab es keine Mehrheit.

Für die Landwirte der kommenden EU-Länder von Polen bis Slowenien ist die Reform Agenda 2000 wie ein Blick in die Zukunft. Die riesigen ehemaligen Staatsgüter werden es schaffen, die kleinen Bauern können ihre Kinder schon einmal umschulen lassen. Das wird vor allem in Polen Millionen von Arbeitslosen produzieren. So müssen die östlichen Beitrittsländer nun auf den EU-Gipfel Ende März hoffen. Dann wird auch um die Strukturhilfen für ärmere Regionen gestritten. Hier soll gespart werden, damit ein paar Milliarden Euro mehr für die neuen Länder übrigbleiben. Doch die bisherigen Empfängerländer – und das sind fast alle 15 derzeitigen Mitglieder – werden ihre regionalen Pfründen verteidigen. Schlechte Aussichten für die Neuen. Reiner Metzger Tagesthema Seite 3