Querspalte

■ „Tagsüber viel, nachts nie“

 Heiteres Beruferaten:Wer reckt den rechten Daumen und kratzt mit dem linken Zeigerfinger durch die Luft? Yeah. Es ist G. Schröder. Der Kanzler kann auch schön reden:

„Sie werdens mir eh nicht glauben, aber ich will Ihnen die Wahrheit sagen. Ja, vorausgesetzt es werden nicht wieder Schubladen aufgemacht, habe ich nichts dagegen. Ich will Ihnen mal ein praktisches Beispiel sagen: Während der Holzmann-Krise sind meine Frau und ich innerhalb Hannovers umgezogen – in eine Mietwohnung, in der das Bad gefließt werden musste. Ein Handwerksmeister war dort, der an dem Tag wirklich verstört war.

 Ich schätze sie sehr. Wir haben einen Dreiklang angefangen, der ist noch nicht abgeschlossen. Das hatte nichts mit meiner Rettung zu tun, das war meine Pflicht. Nur Bewegung schafft Muskeln. Und ich sehe überhaupt nicht ein, warum etwas, was Deutschland so stark gemacht hat, einfach über Bord geworfen werden soll. Gewiss, es muss da auch Grenzen geben. Man darf nur einen Unterschied nicht vergessen: Niemand wird gezwungen, Politiker zu sein. Wer nicht mehr herausgefordert wird, der ist immer in der Gefahr des Stillstands, programmatisch, tagespolitisch. Insoweit gibt es kein Modell Deutschland mehr. Du kannst nicht den Wirtschaftsminister vorschicken oder den Finanzminister, das musst du schon selber machen. Wobei die Betonung auf Handeln liegt.

 Ich empfinde es als bedrückend, was ihm da widerfährt. Da habe ich mir gedacht, der Mann hat Recht. Die Einordnung in Links und Rechts taugt nicht mehr. Die Einordnung entlang der politischen Gesäßgeografie, die trifft es nicht mehr. Ich bekomme jetzt übrigens von vielen Post.“

Originalzitate aus einem Schröder-Interview, Tagesspiegel, 5. Dezember 1999. Ein eventueller Sinnverlust ist nicht beabsichtigt. [M] Annette Rogalla