Sonntagsöffnung gibt Anlass zur Klage

Karstadt-Angestellte klagen gegen die erweiterte Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage. Der Senats sieht’s gelassen

Das Ringen um den Ladenschluss geht weiter. Am 23. Januar reichten zwei Mitglieder der Gewerkschaft Ver.di beim Verwaltungsgericht Klage ein. Sie wenden sich gegen die im November beschlossene erweiterte Anzahl verkaufsoffener Sonntage. „Wir unterstützen die Klage, die bewusst gegen Berlin als Gesetzgeber erhoben wurde, um ein Zeichen zu setzen“, sagt Ver.di-Sprecher Andreas Splanemann. Die Gewerkschaft erhofft sich so eine bundesweite Signalwirkung.

Bisher durfte das Land vier verkaufsoffene Sonntage bestimmen. Um Tagen mit hohem Touristenstrom gerecht zu werden, dürfen die Geschäfte in eigener Regie seit der Gesetzesänderung am 17. November zwei weitere Tage bestimmen. Zusätzlich fielen dem Gesetz die bisher geschützten Adventssonntage zum Opfer. Aus vier wurden damit zehn verkaufsoffene Sonntage.

Die Kläger berufen sich auf Artikel 10 des Arbeitsschutzgesetzes. Darin werden die Ausnahmen von der Sonntagsruhe festgelegt. Vom Einzelhandel ist dort keine Rede. Ver.di unterstützt die Klage der beiden Karstadt-Angestellten. Die Gewerkschaft selbst darf nicht klagen. „Wir sehen uns völlig im Einklang mit den Belangen der rund 60.000 Einzelhandelsbeschäftigten in Berlin“, sagt Fachbereichsleiter Günther Waschkuhn. Außerdem weiß er die Unterstützung der Kirchen hinter sich.

So wird das Verfahren auch von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) interessiert beobachtet. „Anders als Ver.di erheben wir einen biblischen Anspruch auf den Sonntagsschutz“, sagt Sprecher Markus Bräuer. Sollte das Verfahren zum gewünschten Erfolg führen, werde man bundesweite Klagemöglichkeiten überprüfen. So könne man dem Trend der „zunehmenden Liberalisierung“ des Arbeitnehmerschutzes entgegenwirken.

Gegenstimmen kommen vom Einzelhandelsverband. Laut Hauptgeschäftsführer Nils-Busch Petersen schneide sich Ver.di mit der Klage ins eigene Fleisch – schließlich entstünden durch die erweiterten Arbeitszeiten neue Arbeitsplätze.

Der Senat sieht dem Verfahren gelassen entgegen, sagt Marie-Luise Dittmar, die Sprecherin der zuständigen Verwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz. Man habe lediglich von den Möglichkeiten Gebrauch gemacht, die dem Land Berlin durch die Föderalismusreform in die Hände gelegt worden seien.

Doch auch Ver.di-Sprecher Splanemann ist zuversichtlich. „Wenn nötig, werden wir unser Anliegen bis vors Bundesverwaltungsgericht bringen.“

Tim Westerholt