Organisator Edward Oyugi über das WSF

taz: Herr Oyugi, Südamerikas Linke hat das Weltsozialforum stark geprägt. Was wird in Afrika anders sein?Edward Oyugi: Afrika hat seine eigene Geschichte, die die Bewegungen sehr geprägt hat. Wenn Leute sagen, wir hätten eine schwache Zivilgesellschaft, dann sage ich: Ohne eine starke Zivilgesellschaft wären wir niemals unabhängig geworden. Die Mau-Mau, die hier in Kenia gegen die britische Besatzung gekämpft haben, waren unsere erste Nichtregierungsorganisation. Auch die Themen in Afrika sind andere: Wir kämpfen in viel stärkerem Maße gegen eine Neo-Kolonisierung etwa durch die Weltbank und durch Länder, die uns Entwicklungshilfe versprechen. Im eigenen Land kommt dazu der Kampf gegen Korruption und für gute Regierungsführung, damit Afrika aus eigener Kraft vorankommen kann.Die Kirchen sind so stark wie noch nie.Ja, und das ist gut so, denn die Kirchen gehören in Afrika zu den stärksten Kämpfern gegen das neoliberale Diktat. Dass sich die protestantischen Kirchen und die katholische Kirche für das Weltsozialforum auf eine gemeinsame Plattform verständigt haben, hat uns eine Mobilisierung der kirchlichen Anhänger ermöglicht, die es in Südamerika so nie gab.Was hat Afrikas soziale Bewegung vom Weltsozialforum?Wir erwarten, dass sich die vielen sozialen Gruppen, die in den Slums und anderswo gegen Armut kämpfen, neuen Inhalten öffnen. Bislang haben sich in Afrika nur wenige elitäre Organisationen mit dem Welthandelssystem und seinen Folgen beschäftigt. Vom Weltsozialforum erhoffen wir uns, dass beide Kämpfe zusammengeführt werden, weil sie zusammengehören. Das bedeutet für Afrikas soziale Bewegung einen qualitativen Sprung nach vorne.Braucht Afrika seinen eigenen Hugo Chávez?Wenn das Weltsozialforum einen afrikanischen Hugo Chávez hervorbrächte, würde ich das nicht bedauern. Aber ich würde sagen, wir brauchen nicht einen Chávez, wir brauchen viele. Viele, viele, die bereit sind, für Veränderung auf diesem Kontinent zu kämpfen.INTERVIEW: MARC ENGELHARDT

Professor Edward Oyugi ist Direktor des globalisierungskritischen „Social Development Network“ (Sodnet) in Kenia