Hahnenkampf mit einem Opportunisten

An diesem skurrilen Politstreit ist jetzt sogar Nigerias Oberstes Gericht gescheitert: Vizepräsident Atiku Abubakar soll von Staatschef Olusegun Obasanjo verdrängt werden, weil er kurz vor den Wahlen die Partei wechselt und selbst Präsident sein will

AUS LAGOS HAKEEM JIMO

Wahrscheinlich war es nie eine Liebesheirat gewesen, sondern stets Kalkül. Nigerias Präsident Olusegun Obasanjo hatte, als er 1999 bei freien Wahlen die vorherige Militärherrschaft beendete, Atiku Abubakar zu seinem Vizepräsidenten gemacht. Abubakar sollte die Wählerschaft im muslimischen Norden des Landes bei Laune halten, als der christliche Südnigerianer Obasanjo die Macht übernahm.

Doch nun liegen die beiden mächtigsten Männer Nigerias heillos über Kreuz. Am Donnerstag sah sich nicht einmal das Oberste Gericht in der Lage, zu entscheiden, ob Obasanjo seinen Vize rechtmäßig entlassen darf. Die Klage Abubakars gegen das entsprechende Bestreben seines Chefs wurde an eine niedere Instanz verwiesen mit der Begründung, das höchste Gericht brauche nicht noch mehr Arbeit.

So kann die Lähmung an Nigerias Staatsspitze kurz vor den nächsten Wahlen im April andauern. Was die beiden entzweit hat, ist Obasanjos Ansinnen, bei dieser Wahl für eine dritte Amtszeit anzutreten, wofür eine Verfassungsänderung nötig gewesen wäre. Abubakar, der eigentlich selbst auf Obasanjos Nachfolge schielte, lehnte eine dritte Amtszeit ab, die dann sein Chef später vom Parlament auch nicht zugestanden bekam.

Für Präsident Obasanjo, einen Exgeneral, muss Abubakars Widerstand wie Hochverrat gewirkt haben. Das letzte Mal sprachen die beiden nach Aussagen von Abubakar vor knapp drei Monaten miteinander. Als der Vize in den Weihnachtsurlaub wollte, versagte ihm Obasanjo den Präsidentenjet. Als er auf dem Rückflug eine Chartermaschine nehmen wollte, hieß es, die spezielle Präsidenten-Flughafenhalle stünde nur dem Präsidenten und nicht dem Vizepräsidenten zur Verfügung. Abubakar kam schließlich mit British Airways zurück nach Nigeria. Zudem ließ Obasanjo die Autoflotte seines Vizes konfiszieren und setzte dessen enge Mitarbeiter auf die Straße. Am liebsten hätte er ihn ganz entlassen, aber das Parlament spielte auch da nicht mit.

Wenigstens schaffte es Obasanjo, sein Hassobjekt aus der Regierungspartei PDP (Demokratische Volkspartei) werfen zu lassen. Denn als ein PDP-Parteitag im Dezember den Obasanjo-Vertrauten Umar YarAdua zum Präsidentschaftskandidaten nominierte und Atiku Abubakar damit eine Abfuhr erteilte, ließ sich der enttäuschte Vize kurzerhand für eine andere Partei nominieren, den „Action Congress“ (AC). Ob der Verbleib des Vizepräsidenten im Amt nach einem Parteiwechsel mit der Verfassung vereinbar ist, wissen auch die Gerichte nicht. Aus Obasanjos Sicht hat Abubakar sein Amt verwirkt, aber der Vize besteht darauf, auf seinem Posten weiterzumachen.

Der Streit überschattet den beginnenden Wahlkampf in Nigeria. Es wird der offenste Wahlkampf seit Ende der Militärherrschaft, weil Obasanjo nicht mehr kandidieren darf. Einfluss nehmen will er trotzdem. Vor ein paar Tagen beschrieb der Präsident als Kampf seines Lebens, korrupte Landsleute von Staatsämtern fern zu halten. Seinen Vize beschuldigt er, 125 Millionen US-Dollar unterschlagen zu haben.

Bevor der vierfach verheiratete Muslim Abubakar die Wähler überzeugen kann, muss er zunächst der Wahlkommission eine weiße Weste zeigen, damit sie seine Kandidatur zulässt. Ihm gehören unter anderem eine Ölgesellschaft, eine Universität und Medienunternehmen. Abubakar muss also erklären, wie man nach 20 Jahren im Dienst als Zollbeamter und 8 Jahren als Vizepräsident ein solches Vermögen anhäufen kann. Als Grund nennt er neben harter Arbeit und weiser Investition auch „das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein“.