Schüchtern im Rückraum

Holger Glandorf nimmt seine Leistungssteigerung während der WM schulterzuckend hin. „Das ist halt so“, sagt der 23-Jährige vor dem Halbfinale (Do., 17.30 Uhr, ZDF)

WIEHL taz ■ Er kann nicht wirklich erklären, warum er plötzlich so gut Handball spielt. Am Tag vor dem Halbfinale gegen Europameister Frankreich sitzt Holger Glandorf im Konferenzraum des Hotels zur Post im oberbergischen Wiehl und wirkt zunächst so, als wolle er gar nichts sagen. Beinahe jede Antwort beginnt mit denselben drei Wörtern: „Ich weiß nicht.“ Bevor er sie ausspricht, hebt er die Schultern. Und was folgt, ist auch nicht wirklich eine Erklärung für die Leistungsexplosion des Rückraumspielers während dieser Weltmeisterschaft: „Das ist halt so“, meint er lapidar.

Dass sich einiges geändert hat, ist ihm allerdings nicht verborgen geblieben. Große Teams interessieren sich für ihn. „Das ist doch klar, dass sich da etwas tut“, sagt der 23-Jährige. Holger Glandorf vom HSG Nordhorn spielt im rechten Rückraum. Genauso wie Christian Zeitz. Er galt als gesetzt für seine Position. Doch der 26-Jährige vom THW Kiel will sich nicht beschweren, dass auch Glandorf zum Zuge kommt. „Holger und ich, wir ergänzen uns ideal“, sagt er, „gerade weil wir so unterschiedlich sind.“ Er sei eher der Hauruckspieler, während Glandorf mehr „mit Auge“ spiele.

Auch Glandorf findet das Wechselspiel, das Bundestrainer Heiner Brand mit ihm und Zeitz veranstaltet, optimal. Auf den Halbfinalgegner angesprochen, betet er herunter, was Trainer und Kollegen seit Tagen wiederholen: „Wir müssen Ruhe bewahren.“ Glandorf sagt: „Natürlich hat man Respekt, aber Angst darf man keine haben.“ Wie er es schaffe, wird er gefragt, nach den emotionalen Partien so schnell wieder gelassen zu wirken. Er antwortet – natürlich: „Ich weiß nicht.“ Ein bodenständiger Typ sei er, sagt er dann doch noch, und ein Familienmensch. Bislang fällt es ihm nicht schwer, auf dem Boden zu bleiben, trotz der großen Aufmerksamkeit, die die WM in der Öffentlichkeit genießt. Über 11 Millionen Zuschauer hatten sich zeitweise die Übertragung des Viertelfinales gegen Spanien angesehen. „Das ist natürlich schon eine Ehre“, meint Glandorf, der beinahe nicht an der WM hätte teilnehmen können, weil er sich Mitte Dezember 2006 mehrere Brüche im Gesicht zugezogen hatte. Glandorf redet darüber wie andere über einen Schnupfen: „Mit Maske konnte ich ja trainieren, also alles normal.“ Und dann zieht Glandorf noch ein vorläufiges Fazit der WM, ein wohl typisch Glandorf’sches: „Ich bin eigentlich ganz zufrieden.“ ARUE