Unter Terrorverdacht

Saudi-Arabien nimmt Reformer fest, die in einer Internetpetition politische Veränderungen fordern

BERLIN taz ■ In Saudi-Arabien haben die Behörden in diesem Monat bereits zwölf Reformer festgenommen. Zwei von ihnen sind Autoren einer Internetpetition, die politische Veränderungen im Königreich fordert. Bei den anderen handelt es sich um Unterzeichner des Aufrufs. Offizielle Stellen gaben den Verdacht auf Terrorismus als Grund für die Festnahmen an, wie die Agentur Reuters berichtete.

Die Petition, die auf der Webseite www.dostor-islami.com veröffentlicht wurde, zählte gestern 151 Unterschriften. Chaled al-Omair, einer der Unterzeichner, sagte, dass sie Ende März dem Königshaus vorgelegt werden soll. In dem Text wird die Abhaltung von Parlamentswahlen gefordert, bei denen Frauen und Männer teilnehmen sollen. Nur dies schütze die Bevölkerung und garantiere gerechte Entscheidungen, heißt es in der Petition. Bislang gab es in Saudi-Arabien ungeachtet von Reformversprechungen lediglich kommunale Teilwahlen im Jahr 2005, bei denen Frauen nicht teilnehmen durften.

Die Petition verlangt außerdem die Bekämpfung von Armut und Korruption. Da Zivilrechte in Saudi-Arabien aufgrund von Zensur und Reiseverboten nicht gewährt sind, fordern die Initiatoren auch Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Die Festnahmen in diesem Zusammenhang erinnern an einen Vorfall aus dem Jahr 2004. Damals wurden drei Autoren einer Petition verurteilt, die unter anderem für Gewaltenteilung und Frauenrechte einstand. Mit der Thronübernahme von König Abdallah im August 2005 wurden sie jedoch freigelassen. Abdallah gilt als relativ reformwillig. Ein Gesetz vom Oktober 2006, das die Thronfolge regeln soll, kann als jüngste Reform Abdallahs angesehen werden.

Allerdings wird der König häufig von Reformkritikern, meist den Islamgelehrten, gebremst. Diese unterstützen seit dem Bündnis des damaligen lokalen Herrschers Ibn Saud mit dem Religionsgelehrten Abdalwahhab im 18. Jahrhundert das Königshaus, sind jedoch heute die wichtigste Stimme gegen jegliche Reformen. Das Land stagniert. Stimmen für Reformen aus der Zivilgesellschaft werden indes im In-, aber auch vom Ausland her immer lauter, auch wenn sie meist gleich zum Verstummen gebracht werden.

Das Königshaus geriet in den letzten Jahren aufgrund von Legitimationsproblemen und dem Bündnis mit den USA immer mehr unter Druck. Kritik kommt vor allem von Seiten der islamistischen Opposition, zu der auch Ussama Bin Laden zählt. Seitens der Zivilgesellschaft fordern vor allem saudische Intellektuelle Reformen. NICOLA MOHLER