Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Hätte Schäuble die Fußball-WM 2006 so vorbereitet wie jetzt den G-8-Gipfel, wäre sie zu Militärfestspielen geworden. Aber, trotz Heiner Geißlers Beitritt: Eine Radikalisierung von Attac durch Christdemokraten steht nicht zu befürchten

Das Land, das am meisten auf eigenständige, nachhaltige Entwicklung verzichtet, dem winken beim G-8-Gipfel die tollsten Preise. Das ist krank

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Merkel schafft die kluge Äquidistanz nicht, Putin nicht mehr zu dissen als Bush.

Was wird besser in dieser?

Bush muss noch ein paar Demos beschneiden, um zu Putin und Merkel aufzuschließen.

Kurz vor dem G-8-Gipfel ist Heiner Geißler Attac beigetreten. Wie soll man das bewerten?

Fair.

Bringt das Schäuble nicht in die Bredouille? Der versucht doch, den Protest gegen den G-8-Gipfel zu kriminalisieren.

Attac soll erkennbar nicht durch einen Masseneintritt von Christdemokraten radikalisiert werden. Auch wenn man nicht jedes „Wo ich bin, ist vorne“ von Heiner Geißler teilen muss, ist bis ins „National war aber einfacher!“-Ressentiment hinein „Globalisierungskritik“ von Herzen konservativ. Ein aufrechter Demokrat hätte im Übrigen mehr damit zu tun, sich in der Union von Hohmann, Oettinger und anderen Wortgewaltbereiten zu distanzieren, als es Geißler jetzt bei Attac müsste. Schließlich: Nein, Schäuble kann unbesorgt sein; Geißler handelt wie ein weiser Großvater, der den Enkeln was in die Spardose steckt, wenn die gierigen Eltern gerade mal nicht gucken.

Angela Merkel hat die Einschränkung der Bürgerrechte in Putins Russland kritisiert, Putin konterte: Ihr macht’s doch genauso. Hat er Merkel damit in Argumentationsnöte gebracht?

Wenn Schäuble die Fußball-WM so vorbereitet hätte wie diesen Gipfel, hätte sie als Militärfestspiele dem Ansehen Deutschlands geschadet. Ich vermute, die Sicherheitsvorkehrungen waren 2006 hie und da nicht geringer, schließlich sind unter den Fans mehr Hools als unter den Demonstranten. Jedenfalls führt Merkel das, wofür sie sich letztes Jahr gern loben ließ, dieses Jahr ad absurdum. Mit oder ohne Input von Putin.

Afrika wird wieder ein Schwerpunkt beim G-8-Gipfel in Heiligendamm sein: Schon in dieser Woche hat die Bundesregierung allerhand Vorbereitungstreffen einberufen. Was sollte man sich davon erhoffen?

Okay, es ist ein schmutziger Job, aber einer muss ihn machen: Gipfelkosten lt. Innenministerium 110 Mio Euro, Bruttoinlandsprodukt von Burkina Faso pro Jahr 16,6 Mio US-Dollar.

Ein pauschaler Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt steht diesmal nicht zur Debatte. Der deutsche G-8-Vorsitz bietet lieber eine „Reformpartnerschaft“ an: Nur wer gute Regierungsführung und Öffnung seiner Märkte nachweist, kann mit der Hilfe der Industriestaaten rechnen. Ist das gut?

Vermutlich sollte man schon zufrieden sein, wenn überhaupt Hilfe irgendwo ankommt. Allerdings: Die Welt in einen großen Ähnlichkeitswettbewerb zu verstricken, bei dem die tollsten Preise an den gehen, der am entschlossensten auf eine eigenständige und damit nachhaltige Entwicklung verzichtet, ist krank. Deutsche als Experten für katastrophale Folgen überstürzter Entwicklungen könnten da Auskunft geben.

Die große Koalition streitet weiter über die Kinderbetreuung. CSU-Chef Stoiber pocht auf ein solches Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder unter drei Jahren nicht in die Krippe bringen wollen. Wozu soll das gut sein?

Um die Stimmen berufstätiger Frauen von Frau von der Leyen, die Stimmen von Männern nicht berufstätiger Frauen von Stoiber einsammeln zu lassen.

Ralph Giordano hat sich vehement gegen einen geplanten Moscheebau in Köln gewandt und die „Integration der Muslime“ schlicht für gescheitert erklärt. Was soll man dazu sagen?

Die Achtung vor seinem Werk und seinem Engagement gebietet es, zu versuchen, ihn zu verstehen. Versucht. Fertig.

In Moskau soll es am Pfingstsonntag wieder eine Homosexuellenparade geben, trotz Verbot. Im letzten Jahr wurde der Grünen-Politiker Volker Beck dort blutig geschlagen. Sollten ausländische Gäste aus Solidarität wieder hinfahren?

Wie man hört, geht Moskau mit Heteroparaden auch nicht zimperlich um.

Ein Wort zur vergangenen Bundesliga-Saison.

Vielleicht wird man diese Spielzeit später einmal als das Abendrot von Bayern München datieren. Normal machten Hoeneß, Beckenbauer, Rummenigge aus einem Problem zwei bis drei Lösungen, gern auf Kosten anderer. Diesmal fiel ihnen nur Rückgriff, Mängelverwaltung ein, das ist neu. Das Alter! Also spannendere Spielzeiten voraus.

Wem drücken Sie beim DFB-Pokalfinale die Daumen?

Hans Meyer kann man das uneingeschränkt gönnen. Also Nürnberg.

Und was macht Borussia Dortmund?

Zuletzt, mit Doll, Hoffnung.

FRAGEN: DB