Kai Diekmann lebt!

Gerade im Umgang mit dem Brandanschlag auf das Auto des „Bild“-Chefs fällt Welt.de durch Falschmeldungen und gelöschte Kommentare auf

Feuer an Diekmanns Haus? Keinerlei Anhaltspunkte, sagt die Polizei Hamburg

VON HANNAH PILARCZYK

Gegen 2.45 Uhr in der Nacht zum Dienstag bemerkte ein Passant einen brennenden Wagen im edlen Hamburger Stadtteil Harvestehude. Unbekannte hatten einen Brandanschlag auf den Mercedes R-Klasse von Bild-Chef Kai Diekmann verübt. Die Feuerwehr rückte ein, mit ihren Sirenen riss sie laut NDR Diekmann und seine vierköpfige Familie aus dem Schlaf. Eine dramatische Situation, keine Frage. Doch was Welt.de knapp fünf Stunden später, um 7.28 Uhr, vermeldete, war sogar noch dramatischer: „Brandanschlag auf Bild-Chef Kai Diekmann“.

Damit war Springers Online-Portal nicht nur das erste, das dies berichtete, sondern auch so ziemlich das einzige. Denn weder die Nachrichtenagenturen dpa, AP noch Reuters vermeldeten einen Anschlag auf Diekmann persönlich – auch das Schwesterportal Bild.de tickerte korrekt: „Brandanschlag auf Auto von Bild-Chef Kai Diekmann“. Doch Welt.de wusste noch mehr: „Der Wagen (…) brannte völlig aus“. Und überhaupt: „Auch an seinem [Diekmanns; die Red.] Haus soll gezündelt worden sein.“

Woher Welt.de seine exklusiven Informationen hat, lässt sich schwer ergründen – denn es sind laut Hamburger Polizei schlicht Falschmeldungen: „Wir haben keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass auch Feuer an Herrn Diekmanns Haus gelegt wurde“, sagte Polizeisprecher Ralf Meyer gestern zur taz. Von einem Anschlag auf Diekmann persönlich könne deshalb nicht die Rede sein. „Vom Fahrzeug ist außerdem nur der hintere Teil ausgebrannt“, so Meyer weiter. Die Feuerwehr sei so schnell alarmiert worden, dass eine komplette Zerstörung verhindert worden sei.

Knappe vier Stunden hielt man auf Welt.de an seinem vermeintlichen Informationsvorsprung fest, dann korrigierte man sich. Allein dass das Auto komplett ausgebrannt wäre, wollte man sich nicht nehmen lassen. „Unsere Nachrichtenredaktion hat die Berichterstattung auf N24 verfolgt, in der zuerst ein Anschlag auf das Haus gemeldet wurde“, sagte Springer-Sprecher Tobias Fröhlich gestern der taz. „Im Laufe des Tages haben wir dann unsere Berichterstattung der veränderten Nachrichtenlage angepasst.“

Doch der Merkwürdigkeiten nicht genug: In der Kommentarfunktion des Artikels hatte schon um 9.40 Uhr der User „Fragender“ angemerkt: „Überschrift ist unverschämt … Nein, es war kein Brandanschlag auf Kai Diekmann, sondern auf sein Auto. So verurteilungswert das ist, die Überschrift ist es genauso.“ Immerhin ist dieses Posting online geblieben. Denn Kommentare wie „da mein Kommentar jetzt zweimal gelöscht wurden ist, wende ich mich an bildblog.“ vom User „wiederholungstäter“ oder „schön, da mein erster kommentar dazu wohl gelöscht worden ist (Springer halt) nochmal (…)“ von „Bestätiger“ legen nahe, dass nicht mit allen Meinungsäußerungen von Welt.de-Lesern so umgegangen wurde.

Nachdem vor rund zwei Wochen schon bekannt wurde, dass ein Blog vom WamS-Kommentarchef Alan Posener zensiert wurde (siehe taz vom 10. 5.), weil er darin deftigst über Diekmann herzog, scheinen damit erneut Beiträge auf Welt.de ihren Weg in den digitalen Mülleimer gefunden zu haben. „Bei den Kommentaren handelte es sich um Pöbeleien und Beschimpfungen, die gegen unsere Netiquette verstoßen haben“, erklärte dazu Springer-Sprecher Fröhlich. „Deshalb haben wir sie von der Seite genommen. So verfahren wir bei anderen Themen auch.“

Dass Welt.de zur selben Zeit gestern ein Porträt des Kinder-TV-Moderators Guido Hammesfahr auf der Startseite groß mit den Worten ankündigte „macht jetzt Löwenzahn“, stört da eher weniger. Immerhin stimmt es ja, dass Hammesfahr die Moderation von Peter Lustig übernommen hat. Wenn auch bereits im Oktober 2006.