„Eine Subventionierung von Arbeitgebern“

Kombilöhne sind das falsche Instrument, meint der Arbeitsmarktexperte und Sozialarbeiter Thomas Münch

taz: Herr Münch, schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose sollen unbefristete Kombilöhne erhalten. Ist das für diese Zielgruppe eine reelle Chance auf Integration in den ersten Arbeitsmarkt?

Thomas Münch: Nein. Erstens deuten bisherige Erfahrungen mit Kombilohnmodellen in verschiedenen Bundesländern schon an, dass dies ein völlig falsches Instrument zur Integration von Langzeitarbeitslosen ist; von daher werden wir nicht umhin kommen, für diese Menschen eine öffentlich geförderte Beschäftigung zu finanzieren. Zweitens zeigt die Entwicklung der Arbeitslosenstatistiken der letzten Monate, dass selbst eine wirtschaftliche Belebung an dieser Gruppe vorbeigeht. Deswegen verstehe ich nicht, warum Arbeitsminister Laumann mit solcher Verbissenheit an dem Thema festhält.

Ist die unbefristete Schaffung von Kombilöhnen nicht erst recht ein Anreiz für Unternehmer, reguläre Arbeitsplätze durch staatlich subventionierte zu ersetzen?

Klar! Ich halte das Laumann-Modell für eine innere Subventionierung von Arbeitgebern. Denn es werden, anders als behauptet, keine zusätzlichen Jobs entstehen. Es ist einer dieser typischen arbeitsmarktpolitischen Fehltritte der Politik. Die Konstruktion dieser so genannten Zusätzlichkeit war von Anfang an mehr als fahrlässig.

Diese zusätzlichen Stellen könnten etwa im sozialen Bereich entstehen, heißt es. Bieten Kartenspielen im Altenheim oder Fahrgastbetreuung in Bussen eine Perspektive?

Also, die Menschen im Altenheim freuen sich ganz bestimmt. Aber mir leuchtet nicht ein, wieso das eine sinnfällige und qualifikationsorientierte Perspektive für den ersten Arbeitsmarkt sein soll. Es gibt meiner Ansicht nach keine hauptberuflichen, tariflich bezahlten Kartenspieler in NRW. Entweder gibt es in Altenheimen einen konkreten Bedarf an sozialpädagogischer Betreuung; dann muss man überlegen, nach welchen Pflegevereinbarungen man das finanziert. Oder es gibt diesen Bedarf nicht.

Handelt es sich bei diesem Kombilohn um einen Mechanismus, mittelfristig die Löhne zu drücken?

Na ja, das sieht doch in der Konsequenz das gesamte Hartz-Konzept vor. Es soll schließlich in all seinen Bestandteilen dazu beitragen, dass Niedriglöhne immer akzeptabler werden. Ich sage mal, entweder man diskutiert konsequent über Mindestlöhne, orientiert am europäischen Maßstab, und schafft dazu die Möglichkeit, Langzeitarbeitslose über öffentlich geförderte Beschäftigung einzustellen. Oder man schickt, wie jetzt geplant, immer mehr Menschen in die Niedriglohnspirale, die im Endeffekt dann durch ergänzendes Arbeitslosengeld II auch Geld kosten. INTERVIEW: HENK RAIJER