Geringverdiener kriegen Stütze

Nach langem Streit haben sich der Bund und NRW auf einen unbefristeten Kombilohn für Langzeitarbeitslose geeinigt. Im größten Bundesland sollen dadurch 25.000 neue Jobs entstehen

VON CIGDEM AKYOL

Union und SPD haben ihren Streit über die Neuregelung des Niedriglohnbereichs vorerst beigelegt: Bald sollen schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose unbefristete Kombilöhne erhalten. Das bestätigte gestern der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). „Der Arbeitgeber hat durch die Subventionierung ein Interesse daran, diese Arbeitsplätze überhaupt erst zu schaffen. Denn es müssen zusätzliche Jobs sein“, freut sich Laumann über die Einigung.

Nach dem Kombilohn-Modell sollen Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich dauerhaft einen Zuschuss zu ihren Sozialversicherungsabgaben erhalten. Bislang sind die Kombilohn-Stellen für Arbeitslose ohne Berufsausbildung auf zwei Jahre befristet gewesen. Arbeitgeber, die Langzeitarbeitslose einstellen, erhalten auch einen Lohnnebenkosten-Zuschuss und für einen befristeten Zeitraum einen Nachteilsausgleich. Wer wegen mangelnder Ausbildung und Qualifikation nur geringes Gehalt erzielen kann, und für den es sich daher nicht lohnt zu arbeiten, soll durch staatliche Zuschüsse einen Anreiz zur Aufnahme gering entlohnter Arbeit erhalten.

Allein in NRW könnten so bis zu 25. 000 Langzeitarbeitslose einen Job bekommen, bundesweit wären es rund 100.000, schätzen Experten. Mit den „bezuschussten Löhnen“ soll der Negativtrend auf dem Arbeitsmarkt in NRW aufgefangen werden. Denn während die Arbeitslosenzahlen bundesweit sinken, ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen in NRW 2006 um 4,9 Prozent gestiegen.

Die Befürworter der Debatte gehen davon aus, dass sich Kombilöhne für den Staat rechnen, weil statt teurer Sozialleistungen nur ein relativ geringer Lohnkostenzuschuss gezahlt werde. Kritiker aber sehen durch subventionierte Kombilöhne den Wettbewerb zu Lasten tariflicher Einkommen verzerrt. Es drohe Missbrauch durch die Unternehmen und damit eine „Lohnspirale nach unten“.

So befürchten die Gewerkschaften, dass die Kombilöhne sich nachteilig auf das Gehalt der Arbeitnehmer auswirken können. Denn es habe sich schon in der Vergangenheit gezeigt, „dass Kombilöhne jedweder Art von den Arbeitgebern genutzt werden, um die Tariflöhne zu drücken“, warnte bereits in der Vergangenheit Ver.di-Chef Frank Bsirske.

Eine Sorge, die Simone Leiber teilt. „Der Lohndruck nach unten wird wachsen“, sagt die Expertin für Sozialpolitik vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung. „Ein Kombilohn für Problemgruppen am Arbeitsmarkt sollte deshalb mit einem Mindestlohn kombiniert werden“, empfiehlt sie. Außerdem bestehe die Gefahr, dass keine zusätzlichen Jobs geschaffen, sondern reguläre Arbeitsplätze ersetzt werden. „Diese negative Entwicklung ist bereits bei den 1 Euro Jobs zu beobachten“, so Leiber.

Schon im November wollte Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) ein Ergebnis in der Kombilohn-Debatte präsentieren. Dann aber wurde der Termin auf Ende März verschoben und gestern präsentierten die Fraktionsexperten der SPD und Union überraschend eine Einigung. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es zwischen dem Bund und dem Land Konflikte gab. Denn Müntefering wollte zunächst Gelder vom Bund für das von der NRW-Landesregierung gebilligte Modell nicht frei geben. Daraufhin bezichtigte Laumann den Bundesarbeitsminister, den Langzeitarbeitslosen nicht helfen zu wollen. Die nordrhein-westfälische Landesregierung aber hielt trotz aller Widerstände des Bundes eisern an ihrem Kombilohnmodell fest.