Israel hält am Ziel fest: alle Tunnel im Gazastreifen zerstören

NAHOST Die Armee stockt die Streitkräfte um weitere 16.000 Reservisten auf. UNO spricht von „vorsätzlicher Missachtung“ internationalen Rechts

JERUSALEM afp | Ungeachtet der immer schärferen Kritik der Vereinten Nationen an seinem Vorgehen will Israel im Gazastreifen „die Arbeit zu Ende bringen“. Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte am Donnerstag zu Beginn einer Kabinettssitzung, die Regierung wolle den Einsatz zur Zerstörung der Hamas-Tunnel abschließen.

„Wir werden daher keinen Vorschlag (für eine Waffenruhe) akzeptieren, der der israelischen Armee nicht erlaubt, diese Arbeit zu Ende zu bringen“, sagte Netanjahu. Der für den Gazastreifen zuständige General Sami Turgeman sagte, dies sei noch „eine Frage von Tagen“. Der Militäreinsatz dauert bereits mehr als drei Wochen.

Die israelischen Streitkräfte verkündeten derweil, sie würden weitere 16.000 Reservisten mobilisieren. Damit stieg die Zahl der Reservisten, die seit Beginn der Gaza-Offensive am 8. Juli eingezogen wurden, auf 86.000.

Laut einer Armeesprecherin sollen mit den neuen Kräften die bisher eingesetzten Bodentruppen entlastet werden. Zugleich sicherten die USA ihrem engen Verbündeten Israel zu, seine Munitionsvorräte trotz der Kritik an den zivilen Opfern aufzustocken. Der Mittwoch war mit fast 120 Toten auf palästinensischer Seite einer der opferreichsten Tage seit Beginn der israelischen Offensive. Am Morgen jenes Tages waren allein 16 Menschen beim Beschuss einer UN-Schule in Dschabalija getötet, wie die UNO berichtete. 17 weitere starben am Nachmittag laut palästinensischen Rettungskräften bei einem Angriff auf einen belebten Markt in Schedschaija – inmitten einer von Israel ausgerufenen „humanitären Feuerpause“.

Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay warf Israel vor, internationales Recht „vorsätzlich“ zu missachten. Es gebe ein „Muster“, nach dem „Wohnhäuser, Schulen, Kliniken und UN-Einrichtungen“ im Gazastreifen angegriffen würden, kritisierte Pillay am Donnerstag. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, Straflosigkeit könne nicht akzeptiert werden.

Am Tag zuvor hatte bereits UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den Angriff auf die UN-Schule in Dschabalija als „unverzeihlich“ bezeichnet und gefordert, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Während Israel erklärte, Hamas habe die Schule womöglich beschossen, machte das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) eindeutig Israel verantwortlich. Nur einen Tag später wurden am am Donnerstag in Dschabalija erneut 15 Menschen in einer UN-Schule verletzt, als eine benachbarte Moschee beschossen wurde.

UNRWA-Chef Pierre Krähenbühl warnte derweil, angesichts der großen Flüchtlingszahlen drohten sich Krankheiten auszubreiten. 220.000 Menschen hätten inzwischen in 85 UN-Einrichtungen Schutz gesucht.

Nach dem Beschuss des einzigen Kraftwerks ist der Gazastreifen ohne Strom. Auch das Trink- und Abwassersystem ist beschädigt. Viele Familien schaffen es angesichts der unablässigen Kämpfe kaum, sich mit Lebensmitteln zu versorgen.

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