DAS NORDKOREA-ABKOMMEN ZUR ATOMABRÜSTUNG IST EIN ERSTER SCHRITT
: Entscheiden wird das Kleingedruckte

In Peking ist die Grundlage für die nukleare Abrüstung Nordkoreas gelegt worden. Liquidiert Kim Jong Il sein Atomwaffenprogramm, winken Energielieferungen und eine Freigabe der Konten auf der Hausbank in Macao.

Anlass für Enthusiasmus besteht freilich nicht. Der in Peking eingefädelte Tauschhandel erinnert stark an die Abrüstungsvereinbarung von 1994. Ein Vertrag, der von Nordkorea fundamental gebrochen und den USA halbherzig umgesetzt wurde. Dreizehn Jahre später, die Kims Bombenbauer rege nutzten, beginnt man wieder von vorne – unter noch schwierigeren Vorgaben. Nordkorea soll diesmal dazu gebracht werden, sein Atomprogramm nicht bloß einzufrieren, sondern vollständig aufzugeben, die Reaktoren zu verschrotten.

Nordkoreas rätselhaft-paranoider Herrscher begreift sein Waffenarsenal als Lebensversicherung gegen eine feindliche Außenwelt, die ihn stürzen will. Die Mutter aller Waffen, die Atombombe, aufzugeben, wäre gemäß dieser Logik nicht besonders klug. Doch selbst wenn es Pjöngjang diesmal ernst meinen sollte: Den Verhandlungspartnern steht ein hürdenreiches Programm bevor. Nach der Grundsatzvereinbarung geht es nun um unzählige Detailfragen – um Kleingedrucktes von entscheidender Tragweite.

„Ein Abkommen für Staaten, die sich misstrauen“, nannte der US-Unterhändler von 1994 den damaligen Abrüstungsvertrag. Es war eine komplexe Anordnung kleiner Schritte, wobei sich die eine Partei nur dann bewegte, wenn die andere den Fuß ebenfalls anzog. Während der Eskalationsphase der letzten vier Jahre wurden die verbliebenen Brosamen gegenseitigen Vertrauens zerdrückt, was die Umsetzung eines Abkommens weiter erschwert. Mit dem Vertrag von 1994 wurde die Atomkrise nicht gelöst, aber immerhin entschärft. Die USA erwogen damals, die Atomreaktoren zu bombardieren. Ob das jetzt vereinbarte Tauschgeschäft das Problem endgültig aus der Welt schafft, bleibt zweifelhaft. Dennoch ist ein schwer umsetzbarer Abrüstungsvertrag jenem Zustand vorzuziehen, in dem Nordkorea völlig unbeaufsichtigt Atombomben baut – und womöglich auch noch weiterverkauft. MARCO KAUFFMANN