Guineas Präsident verhängt das Kriegsrecht

Mit drastischen Maßnahmen wie zwanzig Stunden Ausgangssperre am Tag will der verhasste Machthaber weitere Proteste der Opposition unterbinden. Laut Berichten wechseln Teile der regulären Armee die Seiten

GOMA taz ■ In Reaktion auf die anhaltenden Massenproteste in Guinea hat Präsident Lansana Conté eine der schärfsten Formen von Kriegsrecht weltweit über das westafrikanische Land verhängt. In einer Fernsehansprache am späten Montagabend verfügte der Präsident mit Generalsrang ein komplettes Versammlungsverbot, eine fast vollständige Ausgangssperre und weitreichende Vollmachten für das Militär. Zuvor hatten Kämpfe am ersten Tag eines neu ausgerufenen Generalstreiks am Montag mindestens 18 Tote gefordert, zumeist in den Vorstädten der Hauptstadt Conakry.

Ab sofort darf man in Guinea nur noch zwischen 16 und 20 Uhr auf die Straße; ansonsten gilt 20 Stunden am Tag Ausgangssperre. Jenseits eines allgemeinen Demonstrationsverbots sind „öffentliche und private Versammlungen, die geeignet sind, Unordnung zu provozieren oder zu pflegen, verboten“, so das von „General Lansana Conté“ gezeichnete Präsidialdekret weiter. Das Militär kann jederzeit ohne Grund Hausdurchsuchungen vornehmen, Hausarreste aussprechen und alle Personen internieren, „deren Aktivitäten eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit darstellen.“ Auch sämtliche Medien sowie der Post-, Telefon- und Onlineverkehr werden ab sofort vom Militär überwacht. Private Radiogeräte dürfen beschlagnahmt werden und alle öffentlichen Bediensteten können vom Militär entlassen werden. Das Kriegsrecht gilt zunächst für 12 Tage, also bis zum 23. Februar. Danach muss das Parlament es laut guineischer Verfassung erneuern.

Mit dem Kriegsrecht stellt sich Präsident Conté frontal gegen die eigene Bevölkerung. Wiederholte Streikwellen und Massenproteste gegen seine Willkürherrschaft haben in den letzten Wochen immer öfter gewaltsame Reaktionen seitens des Staates produziert. Seit Januar wurden bei Übergriffen von Polizei und Militär in Guinea über 100 Menschen getötet. Auslöser der jüngsten Proteste war die Ernennung eines Vertrauten des Präsidenten zum neuen Premierminister am Freitag, entgegen einer Absprache mit den Gewerkschaften, die die Streiks anführen.

Infolge des Präsidialdekrets besetzten in der Nacht zu gestern Einheiten der Präsidialgarde, „bérets rouges“ genannt, strategische Positionen in der Hauptstadt Conakry. Sie lieferten sich auch Auseinandersetzungen mit Einheiten der regulären Armee, von der berichtet wird, dass Teile von ihnen zur Opposition überlaufen – es hat in der Vergangenheit mehrere Putschversuche einfacher Soldaten gegen Conté gegeben. So sei eine Panzerkolonne der regulären Armee von der Bevölkerung mit Jubelrufen und Getränkegaben begrüßt worden, als sie am Montagnachmittag Conakrys größte Kaserne Alpha Yaya verließ und durch die Straßen fuhr, berichtete eine guineische Internetzeitung. Die Soldaten seien vor allem empört darüber, dass Präsident Conté zum eigenen Schutz mehrere hundert Milizionäre aus dem Nachbarland Liberia angeheuert haben soll. DOMINIC JOHNSON