GEHT’S NOCH?
: Fieser Finanzhai

EIN EINZIGER US-SPEKULANT GENÜGT, UM ARGENTINIEN IN DIE ZAHLUNGSUNFÄHIGKEIT ZU TREIBEN

Wer Staaten in den Ruin treibt, nimmt Tote billigend in Kauf, selbst in relativ entwickelten Ländern wie Argentinien. Als das Land Ende 2001 den Staatsbankrott erklärte, stieg der Anteil der Armen in der Bevölkerung von rund zwanzig auf über fünfzig Prozent, Unterernährung nahm zu, Kinder waren die Ersten, die starben. Paul E. Singer weiß das. Und trotzdem hat er Argentinien gezielt in die Zahlungsunfähigkeit getrieben. Man kann also Vorsatz unterstellen.

Singer, ein US-Milliardär und Spekulant, hatte 2002 für seine Hedgefonds argentinische Staatsanleihen gekauft. Die waren damals für einen Bruchteil des Nennwerts zu haben. 2005 und 2010 machte er – im Gegensatz zur großen Mehrheit der Gläubiger – einen Schuldenschnitt nicht mit, sondern klagt seither den vollen Nennwert plus Zinsen ein, rund 1,5 Milliarden US-Dollar. Ein US-Gericht gab ihm recht und sperrte ein Konto, von dem Ende Juli diejenigen Gläubiger ihre Raten bekommen sollten, die sich mit Argentinien geeinigt haben. Das Geld floss nicht, damit gilt das Land wieder als zahlungsunfähig.

So schlimm wie 2001 wird es diesmal nicht kommen. Argentinien ist seit damals von Krediten internationaler Finanzmärkte so gut wie abgeschnitten und hat gelernt, damit zu leben. Das Land braucht zwar dringend Devisen, um seine Wirtschaft zu diversifizieren und die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Trotzdem bietet Präsidentin Cristina Fernández dem Spekulanten die Stirn. Wenn sie einbricht, können von anderen Gläubigern Nachforderungen von bis zu 200 Milliarden Dollar kommen und dann wäre Argentinien wirklich bankrott.

Fernández ist nicht allein. Die meisten Präsidenten der Region stehen hinter ihr. Das südamerikanische Staatenbündnis Unasur baut derzeit eine Entwicklungsbank auf, um von Finanzhaien unabhängig zu sein.

Singer hat dazu beigetragen, dass seine Opfer Alternativen suchen – und entzieht sich so mittelfristig selbst die Grundlage seines menschenverachtenden Geschäfts. Halt durch, Cristina!TONI KEPPELER