Studenten verweigern Unis das Geld

Studiengebührengegner wollen 400.000 Studis zum Boykott des Bezahlstudiums motivieren. So sollen die verantwortlichen Wissenschaftsminister dazu gezwungen werden, noch einmal über die Gebühren zu verhandeln. Aber sie stellen sich taub

AUS BERLIN UND HAMBURG CHRISTOPH GERKENS

Der Protest gegen Studiengebühren läuft wieder auf Hochtouren. Die Organisation eines studentischen Massenboykotts gegen das Bezahlstudium sei „weit fortgeschritten“, freut sich Fredrik Dehnert vom Aktionsbündnis gegen Studiengebühren. Das Boykottmodell: Die Kommilitonen überweisen ihre Gebühren nicht an die Uni, sondern auf ein eigens eingerichtetes Treuhandkonto.

Ab dem Sommersemester 2007 müssten in Niedersachsen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg eigentlich 1,8 Millionen Studis je 500 Euro zahlen. Tun sie das nicht, droht die Exmatrikulation. Die Gebührengegner wollen jedoch erreichen, dass ein Viertel der Studis die Zahlungen boykottiert. Dann werde ein Verweis von der Uni politisch unmöglich. „400.000 Studenten in fünf Bundesländern können die nicht rausschmeißen“, ist Dehnert überzeugt. Gesichtsverlust, enorme finanzielle Einbußen der Unis und ein Ansturm auf den Arbeitsmarkt wären die unmittelbaren Folgen. Mit diesem Drohpotenzial wollen die Aktivisten die Wissenschaftsminister dazu zwingen, noch einmal auf gleicher Augenhöhe über das Bezahlstudium zu verhandeln.

Die Protestler wittern Morgenluft. Die Ernüchterung nach der Verabschiedung der Gebührengesetze in den Ländern ist vorüber. „Das Interesse ist enorm“, sagt etwa Christian Brandt, der den Boykott in Hamburg mitorganisiert, „die Zahlung droht, da kommen viele, die früher nicht dabei waren.“ Die Studenten an der Elbe haben bereits die Teilnahme am Boykott beschlossen. Ähnlich läuft es in Niedersachsen und Baden-Württemberg, wo sich Tag für Tag mehr Unis anschließen.

Die Initiatoren wissen, dass der Boykott vertrauenswürdig organisiert sein muss, um die Studis zum Überweisen zu motivieren. Deshalb werden die Treuhandkonten rechtsanwaltlich betreut. In Hannover hat das beispielsweise der Rechtsanwalt Matthias Miersch, der lokale SPD-Bundestagsabgeordnete, übernommen. „Der einzelne Teilnehmer bleibt Herr über sein Geld“, heißt es aus seiner Kanzlei, „und wenn das Quorum von 25 Prozent der Studis nicht erreicht wird, überweisen wir fristgerecht weiter an die Uni.“ So können die Boykotteure im Fall des Scheiterns nicht als einsame Kämpfer exmatrikuliert werden.

Obwohl es für die Gebührengegner gut aussieht, ignorieren Universitätsleitungen und Wissenschaftsminister den Protest. Auf Fragen, wie auf einen erfolgreichen Boykott reagiert werden würde, gibt es keine Antwort. Stattdessen droht Ministeriumssprecherin Meike Ziegenmeier in Hannover: „Wer die Gebühren nicht zahlt, kann auch nicht wieder immatrikuliert werden.“ Für Thorsten Höhnisch vom Hamburger Asta ein Fall von Realitätsverweigerung: „Den Behörden scheint noch gar nicht klar zu sein, was da auf sie zukommt.“