MIRCO KEILBERTH ZUR PARLAMENTSBILDUNG IN LIBYEN
: Jetzt oder nie

Der dunkle Rauch der brennenden Benzindepots am Himmel über Tripolis wirkt wie der Hilferuf eines Landes, das im Strudel der Gewalt von wild gewordenen Milizen in einen Bürgerkrieg zu versinken droht.

In dem Machtkampf vermischen sich regionale und historische Konflikte mit dem Kampf zwischen moderaten und extremistischen Weltanschauungen. Die lachenden Dritten sind die weltweit vernetzten Dschihadisten, die nach dem irakischen und syrischen Chaos hoffen, ein drittes zerfallendes Land in eine Art Kalifat verwandeln zu können.

Die Libyer haben der Weltgemeinschaft mit unzähligen Protesten, Lokal- und Parlamentswahlen deutlich gemacht, dass sie etwas anderes wollen: einen moderat muslimischen Rechtsstaat, die Rückkehr von Polizei und Armee.

In ägyptischen Medien wird jedoch bereits über die Notwendigkeit eines Einmarschs in Bengasi diskutiert, um die immer stärker werden Islamisten von Ansar Scharia in Schach zu halten. Aber noch ist es nicht zu spät für ein demokratisches Libyen. Das neue Parlament hat im sicheren Tobruk die Arbeit aufgenommen, die Verfassungskommission tagt, die Bürger gehen für den Frieden auf die Straße.

Die Vorstellung, dass sechs Millionen Einwohner mit den größten Ölvorräten Afrikas und 2.000 Kilometer unberührter Mittelmeerküste in einen Bürgerkrieg versinken, während Europa ratlos zuschaut, ist absurd. Aber es reicht nicht, abzuziehen und das angerichtete Chaos zu bedauern. Die demokratisch gewählten Parlamentarier in Tubruk werden sich nur durchsetzen, wenn sie von EU und UN unterstützt werden. Keine Militärintervention, aber eine robuste Politik aufseiten der wehrlosen Demokraten ist gefragt. Europa sollte die Rauchwolken über Tripolis zum Anlass nehmen, schnell und massiv zu helfen.

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