Der dreifache Minister, den keiner kennt

Kongos neuer Außenhandelsminister Kasongo Ilunga existiert nicht. Oder doch? Die Posse lähmt Kongos Neuanfang

BERLIN taz ■ 60 neue Minister und Vizeminister sollten eigentlich Ende letzter Woche in der Demokratischen Republik Kongo zum Antrittsbesuch bei Präsident Joseph Kabila erscheinen. Aber ein Platz blieb leer: der von Außenhandelsminister Kasongo Ilunga. Seit der Nominierung des neuen Kabinetts am 5. Februar hat ihn niemand zu Gesicht bekommen. Die Affäre des „Phantomministers“ verhindert bis auf weiteres die Amtseinführung der ersten demokratisch gewählten Regierung des Kongo.

Kasongo Ilunga vertritt in der Regierungskoalition die Kleinpartei Unafec (Nationale Union der Föderalisten des Kongo) aus der Südprovinz Katanga. Ein Foto und ein Lebenslauf Kasongos landeten auf dem Schreibtisch von Kongos neuem Premierminister Antoine Gizenga, als dieser während der Regierungsbildung im Januar die Unafec-Spitze empfing. Die schlug als Minister entweder Parteichef Kisimba Ngoy vor, einen Kabila-Vertrauten, oder eben Kasongo, am 20. Oktober 1972 in Bukama geboren und Vizepräsident des Unafec-Ortsvereins Masina in Kinshasa.

Premier Gizenga entschied sich für Kasongo. Am Tag nach der Regierungsbildung reichte Minister Kasongo aber schriftlich bei Parteichef Ngoy seinen Rücktritt ein. Dieser schlug einen Pierre Ilunga als Nachfolger vor. Das war dreist: Auf diese Weise geriet ein geschasstes Mitglied der früheren Warlord-Regierung ins neue Kabinett – der bisherige diskreditierte Justizminister. Der ist kaum geeignet für den sensiblen Posten des Außenhandelsministers in einem Land des Rohstoffschmuggels.

Sofort machten Gerüchte die Runde, Kasongo sei fiktiv und das Ganze ein finsteres Manöver der Unafec. Regierungssprecher Godefroid Mayombo sah sich zu Klarstellungen genötigt: Doch, Kasongo Ilunga existiere wirklich; nein, persönlich erschienen sei er noch nicht; nein, zurückgetreten sei er auch nicht, denn dafür muss man schließlich persönlich erscheinen. „In einem ordentlichen Land bedarf es nicht der physischen Präsenz, um zu beweisen, dass man existiert“, philosophierte Mayombo, dialektisch geschulter Sprecher von Kongos Lumumbisten.

Letzte Woche tauchte schließlich doch ein Kasongo Ilunga im Büro des Premierministers auf. Dann noch einer. Und schließlich ein dritter. Jeder sagte, er sei Kasongo Ilunga – der Name ist im Kongo ziemlich geläufig. Jeder sagte, er sei der neue Außenhandelsminister, aber bei keinem von ihnen stimmte der Lebenslauf. Am Freitag schließlich erklärte Unafec-Parteichef Ngoy, die drei seien alle falsch. Den richtigen Kasongo Ilunga präsentierte Ngoy aber nicht. Stattdessen beschwerte er sich, dass er nicht selbst Minister sei.

Nun zirkuliert im Internet ein Aufruf aus der Ostprovinz Maniema an alle Männer namens Kasongo Ilunga – von ihnen gibt es dort besonders viele. Sie sollen „ihre staubigen Posten in den Minen aufgeben, wo sie Gold, Diamanten, Coltan und andere Reichtümer suchen. Der Flughafen unserer Provinzhauptstadt Kindu wird bald überlaufen sein, weil hunderte unserer Vettern nach Kinshasa wollen. Tschüss, Wälder und Savannen, wir werden alle Außenhandelsminister!“ DOMINIC JOHNSON