An die Opfer des Terrors erinnern – und an die Reaktion des Staates

Exjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und der Rechtsexperte der Grünen, Montag, sind für eine Gedenkfeier 30 Jahre nach dem „Deutschen Herbst“

BERLIN taz ■ Politiker von FDP und Grünen haben eine Gedenkfeier für die RAF-Opfer vorgeschlagen. Der Rechtsxperte der Grünen, Jerzy Montag, sprach sich für eine solche Veranstaltung 30 Jahre nach dem „Deutschen Herbst“ aus: „Sie sollte sich einerseits mit dem Leid der Opfer und dem Terror der RAF, aber auch mit dem Verhalten des Rechtsstaates auseinandersetzen“, sagte Montag der taz. „Das Jubiläum ist ein guter Anlass, um ausführlich über die politische Dimension der RAF-Taten und der Reaktion des Staates zu diskutieren, ohne dabei das Leid der Opfer an den Rand zu drücken.“

Auch die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) befürwortete eine solche Feier. Sie sagte der Bild, sie fände es richtig, wenn die Erinnerung an die Morde an Arbeitgeber-Präsident Schleyer, Generalbundesanwalt Buback und Bankier Jürgen Ponto wachgehalten würde: „Die Opfer dürfen nicht in Vergessenheit geraten.“

Vom Frühjahr bis Herbst 1977 waren zuerst Buback, dann Ponto und Schleyer von Mitgliedern der RAF getötet worden. Die damalige Chefin der Terrorgruppe, Brigitte Mohnhaupt, soll im März nach 24 Jahren aus dem Gefängnis entlassen werden. Dies hatte in der Öffentlichkeit zu erregten Diskussionen geführt.

Montag kritisierte, dass es weiter das Kontaktsperregesetz gibt, das nach dem RAF-Terror eingeführt wurde. Es erlaubt, Häftlinge völlig zu isolieren, wenn sich der Staat terroristisch bedroht sieht. „Das Gesetz ist bis heute nie angewandt worden“, so Montag, „es ist also unnötig.“

Wie eine Gedenkfeier konkret aussehen soll, ist derzeit noch unklar. Sowohl Leutheusser-Schnarrenberger als auch Montag forderten von der Bundesregierung, die Initiative zu ergreifen. „Diese Idee kann nicht das Anliegen einer einzelnen Partei sein“, sagte Montag, „die Regierung sollte darüber nachdenken, an welchem Ort und in welcher Art Gedenken und Reflektieren stattfinden.“

In der großen Koalition stößt das Projekt bisher nicht auf helle Begeisterung. „Es ist sicher gut gemeint“, sagte der innenpolitische Experte der SPD, Dieter Wiefelspütz, der taz. „Ich frage mich allerdings, ob wir mit einem solchen Gedenken nicht die Rolle der RAF unnötig aufwerten.“ Für Wiefelspütz, der zur Zeit des RAF-Terrors im Ruhrgebiet Rechtswissenschaften studierte, sind die Mitglieder der Organisation „gewöhnliche Kriminelle und keine politischen Täter“. DAS