WIE SICH EIN NEONAZI VOR GERICHT VERHäLT
: Rädelsführer verurteilt

Grimmig schaute Sebastian S. bei der Urteilsverkündung drein. In einer Weste mit dem Schriftzug „Gremium Germany“ stand er am gestrigen Mittwoch vor dem Landgericht Stade. Grund für den grimmigen Ausdruck: Das Gericht sah es in zweiter Instanz als erwiesen an, dass S. mit rechten Kameraden Landfriedensbruch begannen hat und verurteilte ihn zu 1.125 Euro Geldstrafe.

Trotzig schüttelte der 34-Jährige, auf dessen Weste auch „V-Präsident“ stand, den Kopf. Er will am Pfingstmontag 2010 keine Straftat begangen haben. An jenem Tag protestierten etwa 80 Demonstranten vor dem rechten Szeneladen „Streetwear Tostedt“ gegen das Geschäft. Aus Sorge vor dem Protest hatte der Betreiber des Shops S. und etwa 20 weitere Kameraden herbeitelefoniert. Steine und Flaschen flogen gegen den Laden. Die Rechten versuchten eine Polizeisperre zu durchbrechen. „Wir erledigen das selbst“ soll S. aggressiv zur Polizei gesagt haben, so eine Beamtin vor Gericht. Sie sagte: „Herr S. war ein Rädelsführer“, der die Rechten anheizte.

Die Anklage sei nur aus „politische Gründern“ erfolgt, wiederholte Stöber mehrmals im Gerichtssaal und sagte man unterstelle: „Wir, die Rechten, sind die Bösen“. Kuttenträger im Publikum stimmten ihm zu. Ihnen gefiel auch, dass S. die Rechtsfähigkeit der Legislative, Judikative und Exekutive anzweifelte. Seit 1949 würde bloß ein illegitimes Konstrukt BRD bestehen, sagte S. Ob er der Kameradschaft „Gladiator Germania“ angehöre, ließ er offen und sagte, das sei bloß eine Modemarke, die er vertreibe.

Eine Bedrohung gegen einen Jugendpfleger am selben Tag konnte ihm nicht nachgewiesen werden. „‚Schon mal ein Messer im Bauch gespürt‘, raunte er mir leise zu“, sagte der Betroffene. Aussage gegen Aussage, entschied das Gericht.

Am Samstag findet in Tostedt eine Demonstration gegen die rechte Szene statt. Beginn: 13 Uhr am Bahnhof.

Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland