UNVERBREMT: HENNING BLEYL ÜBER GRÜNE WAHLPLAKATE
: Nostalgie & Nostradamus

Wie Sie sehen – sehen Sie nichts. Das gilt sowohl für die Plakate zur Bürgerschaftswahl, die erst ab dem 1. April angebracht werden dürfen, als auch für gewisse Motive der dann aushängenden grünen Druckwerke. Im April also kann man zum Beispiel ein Luftbild von Bremen sehen, das auffällige Leerstellen aufweist. Dafür mag das dazu gehörige Spitzenwortspiel entschädigen: „WIR KÜMMERN UNS UMS WESERLICHE“ – die Weser nämlich ist durchaus zu sehen.

Das Beluga-Gebäude auf dem Teerhof hingegen ist schon weg, so schnell kann das gehen – wobei, es ist noch weg: Die als Plakatmotiv verwendete Aufnahme ist offensichtlich nicht allzu aktuell. Eigentlich ist es konsequent, dass die Grünen Kerosin sparen und nicht vor jedem Wahlkampf neue Luftaufnahmen bestellen. Sympathisch ist auch, dass sie die Schickimicki-Meile am Europahafen mit Nichtbeachtung strafen und stattdessen eine ausgedehnte Brache zeigen. Auch der Weser-Tower ist nichts „Wesentliches“, jedenfalls nicht in architektonischer Hinsicht, das sehen die Grünen völlig richtig. Wie ein anti-moderner Reflex wirkt hingegen die Eliminierung des durchaus gelungenen Neubaus neben der Stadtbibliothek Am Wall.

Kann man mit Nostalgie Wahlen gewinnen? Die Grünen können noch mehr: in die Zukunft schauen. Davon kündet ihr im Januar mit nostradamischer Gabe gewählter Slogan auf einem AKW-Plakat: „Alles muss aus!“