Männer lassen mit sich reden

Pro Familia bietet spezielle Männerberatungen an. Experten helfen bei Fragen zu Partnerschaft und Sexualität. Sie begrüßen den Rückgang der Beratungsresistenz

Ein Mann kann immer. Und will das auch. „Diese und ähnliche Mythen der Männlichkeit geistern noch immer durch unsere Gesellschaft“, beklagt Andreas Goosses, Psychologe bei der Familienberatung Pro Familia. Ähnlich hartnäckig hielten sich traditionelle Bilder der Geschlechterrollen. Wie etwa das: Ein echter Mann muss immer alles im Griff haben. Die Situation. Vor allem aber sich selbst. „Dieser Leistungsdruck, dem Männer sich aussetzen, ist oft der eigentliche Grund für sexuelle Unlust – und nicht etwa eine körperliche Fehlfunktion“, so Goosses.

Zusammen mit den Sozial- und Sexualpädagogen Stefan Lenz, Jörg Nitschke und Engin Vergili bietet Goosses bei Pro Familia nun spezielle Männerberatungen an. Das Besondere: Fragen zu Partnerschaft und Sexualität können „unter Männern“ besprochen werden. Damit hoffen sie die oft noch sehr hohe Hemmschwelle abzusenken.

„Männer öffnen sich nicht so selbstverständlich. Sie haben größere Probleme als Frauen, über Gefühle und ihre sexuellen Befindlichkeiten zu sprechen“, sagt Goosses. Männer geben sich gern beratungsresistent. Der Psychologe sieht darin die größte Herausforderung.

„In den vergangenen Jahren ist aber ein starker Bewusstseinswandel festzustellen“, ergänzt sein Kollege Nitschke. „Die Männer werden selbstbewusster, sie stellen sich ihren Problemen.“ In den letzten Wochen hätten sich allein vier junge Männer mit Erektionsstörungen an ihn gewandt. Von sich aus. Das, sagt er, wäre vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen.

Einen Fortschritt sieht Nitschke auch bezüglich seines Spezialgebiets, der Beratung körperlich und geistig behinderter Männer. Früher sei Behinderten Sexualität erst gar nicht zugeschrieben worden, erklärt er. Zu Unrecht, wie man längst weiß. „Sie haben meist eine ähnlich entwickelte Sexualität wie Nichtbehinderte, können oft jedoch mangels Aufklärung nicht damit umgehen.“ In seiner Beratungsstunde versucht Nitschke, dieses Bildungsdefizit auszugleichen – etwa, indem er einem 40-Jährigen die Entwicklungsschritte schildert, die ein Jugendlicher normalerweise in der Pubertät durchlebt.

In den meisten Beratungsfällen aber müsse man nicht so weit ausholen, sagt Goosses. „Ist einmal Vertrauen aufgebaut und das Problem freigelegt, fällt der Lösungsweg oft überraschend kurz aus.“ MARKUS WANZECK

Beratungstermine können montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr und – außer freitags – von 15 bis 18 Uhr vereinbart werden. Tel.: (0 30) 39 84 98 98