Eier und Artischocken fürs Wohnzimmer

DESIGN-AUSSTELLUNG Warum zum schwedischen Möbel-Großanbieter gehen, wenn man es sich mit Klassikern aus dem Nachbarland Dänemark mindestens so schön machen kann?

Beim Stichwort „skandinavisches Möbeldesign“ denkt man wohl früher oder später an Blau und Gelb: an den schwedischen Möbelriesen Ikea. Gar nicht weit von dessen neuer Fußgängerzonen-Filiale, ebenfalls in Hamburg-Altona, widmet das Stilwerk Hamburg der skandinavischen Möbelgestaltung jetzt eine Ausstellung.

Anlässlich des 350. Jubiläums der ehemals selbstständigen – und eben auch lange zu Dänemark gehörigen – Stadt Altona am 23. August zeigt man junge und alte Designermöbel aus Dänemark. Über sechs Etagen verteilt finden sich klassische Möbelstücke aus den 40er- bis 70er-Jahren, aber auch neue Entwürfe junger Designer, aufgebaut in kleinen Arrangements. Da liegt dann unter einem großväterlichen Ohrensessel ein bunter Webteppich der Firma Hay, und die Wand zieren futuristische Bilder von Verner Panton aus den späten 70ern. Puff und Bartisch von Normann Copenhagen stehen in farblich schönster Harmonie vor einer grafischen Tapete, die das Designduo „by Lassen“ in den 40er-Jahren gestaltet hat.

Oft fällt es schwer zu sagen, aus welcher Epoche die einzelnen Stücke stammen. Ihr Aussehen ist klar und unaufgeregt – aber speziell. „Die Designs der Klassiker stammen ursprünglich von Architekten“, sagt Gordon Zacharias, der die Ausstellung kuratiert hat. Diese hätten damals zu ihren Häusern auch gleich passende Möbel entworfen. „Bis heute schöpft die dänische Möbelwelt von den Ideen alter Meister.“ Es gibt immer wieder Neuauflagen, aber auch neue Interpretationen.

Rustikale, dänische Gemütlichkeit, wie man sie aus Ferienhäusern kennt, sucht man in dieser Ausstellung vergebens. Das seien Klischees, sagt Zacharias, der selbst sieben Jahre lang in Kopenhagen gelebt hat. „Was in Deutschland die Autos sind, sind in Dänemark die Möbelstücke“, sagt er. „Sie sind so was wie Statussymbole, werden von Generation zu Generation vererbt.“ Selbst im abgelegensten Sommerhaus finde man auch mal eine Poul-Henningsen-Lampe über dem Esstisch.

Auch Ikea stehe für skandinavische Schlichtheit, sagt Zacharias. „Es sind einfache, praktische Möbel, die sich verschiedenen Geschmäckern anpassen und gut kombinieren lassen“ – entscheidender Unterschied: die Qualität. „Mit Möbeln von Ikea kann ich zwei, dreimal umziehen, dann schmeiße ich sie weg.“ Dagegen gewännen dänische Klassiker sogar an Wert.

In den Mittelpunkt der Ausstellung rückt das Stilwerk den „Egg Chair“, einen berühmten eiförmigen Drehstuhl von Arne Jacobsen. Im Foyer steht nun ein weltweit einzigartiges Exemplar mit goldenem Lederbezug. Aufmerksamkeit erhalten aber auch zwei Lampenmodelle: die „Artischocke“, deren Name Programm ist, und „Norm 69“, eine Hängelampe aus 69 Einzelteilen, entworfen – 1969.

In der oberen Etage wird gesondert über die Möbelstoffe des Herstellers Kvadrat informiert, da gibt es unter anderem riesige Kuscheltiere, die durch ihren Bezug etwas Sofahaftes an sich haben. Und einen Stuhl, dessen Sitzfläche aus gespannten Garnfäden besteht.

Fast alle Exponate können ausprobiert, viele gleich gekauft werden. Ein besonderer „Aktionstag“ ist der 23. August: Unter anderem näht ein dänischer Möbelbauer vor den Augen der Besucher einen „Egg Chair“-Bezug – per Hand.  KATHARINA GIPP

bis 31. August, Stilwerk Hamburg, Große Elbstraße 68