USA ziehen von der Alster ab

DIPLOMATIE Aus Kostengründen möchte sich das US-Konsulat verkleinern und sucht einen neuen Standort. Gerüchten zufolge ist das Brahms-Kontor im Gespräch. Das könnte zu Sperren mitten in der Stadt führen

■ Gegründet am 17. Juni 1790 mit der Ernennung von John Parish zum Vizekonsul – durch George Washington selbst

■ Weltweit eine der ersten US-Auslandsvertretungen, zeitgleich entstanden mit der in London

■ Bisher gab es insgesamt 60 Konsuln und Generalkonsuln

■ Über 30-mal wechselte man innerhalb Hamburgs den Standort; seit 1951 residiert man an der Alster

■ Krieg: Während der beiden Weltkriege war das Konsulat geschlossen

■ Handel: Große Bedeutung erhielt die Beziehung zwischen Hamburg und den USA durch den Hafen, über den der Handel und die Auswanderung Deutscher nach Nordamerika lief

VON JAN STAU

Die USA wollen ihr Konsulat an der Außenalster verkaufen. Generalkonsulin Nancy Corbett erwägt aus Kostengründen „einen Umzug in neue, zweckmäßigere Räumlichkeiten“. Demnach sollen Grundstück und Gebäude verkauft und eine neue Immobilie für das Konsulat gefunden werden. Die bisherigen Räume von 3.000 Quadratmeter sind zu groß, es reicht auch ein kleineres Gebäude.

Die Wirtschaftlichkeit des Konsulats war in der Vergangenheit nicht entscheidend. Zu Zeiten des Kalten Krieges kam es darauf an, Präsenz zu zeigen. Heute müssen im Zweifel Abstriche beim Symbolgehalt der Immobilie gemacht werden, wenn diese sich nicht mehr rechnet.

Laut taz-Informationen ist die Suche nach einem neuen Standort bereits beendet. Das Brahms-Kontor soll es werden, vis-à-vis zur Laeiszhalle und direkt neben den Wallanlagen. In dem Gebäude, von dem aus der damalige Innensenator Helmut Schmidt die Hochwasser-Krise von 1962 managte, sind diverse Unternehmen beherbergt, insbesondere Anwälte und PR-Agenturen. Vermieter ist die Ver.di-Vermögensverwaltung. Deren Pressesprecher, Christoph Schmitz, möchte sich nicht an Spekulationen beteiligen. Die Gewerkschaft sei „neuen Mietern grundsätzlich offen gegenüber, solange diese nicht gegen Grundsätze von Ver.di verstoßen“.

Das US-Konsulat ist kein gewöhnlicher Mieter: Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurden die Sicherheitsmaßnahmen rund um das Konsulat verschärft. Polizisten bewachen seitdem das Gebäude rund um die Uhr. Die Straße ist mit Pollern versperrt. Es fragt sich, wie solche Maßnahmen in einem Hochhaus umgesetzt werden sollen, das mitten in der Stadt liegt.

Schon bei der bisherigen Niederlassung verärgerte die Absicherung Anwohner und Passanten. Bei einem Umzug würde das Alsterufer wieder frei. Für den Autoverkehr soll die Straße allerdings nicht wieder geöffnet werden. Stattdessen will der Senat eine Fahrradstraße einrichten.

Bei dem jetzigen Konsulatsgebäude handelte es sich ursprünglich um zwei Villen, die Ende des 19. Jahrhunderts errichtet wurden. Gebaut hat sie der Architekt Martin Haller, bekannt durch seine Mitarbeit am Hamburger Rathaus. Im Zweiten Weltkrieg wurden beide Gebäude als Hauptquartier der NSDAP genutzt und die Gauleitung dort untergebracht. Für diesen Zweck wurden die beiden Villen baulich zu einem großen Gebäude zusammengeführt.

Im Frühjahr 1950 erwarb die US-Regierung das Gebäude von den Erben der rechtmäßigen Eigentümer. Die neuen Besitzer fügten einen Vorbau hinzu, mit dem das Gebäude an das Weiße Haus in Washington erinnern sollte. So entstand der Spitzname „Kleines Weißes Haus an der Alster“. Aufgrund der guten Lage ist die Suche nach einem Abnehmer sicherlich kein Problem – auch nicht bei einer geschätzten Verkaufssumme von bis zu 30 Millionen Euro.