Mehr als nur ein Buch

E-BOOK Es soll bis 2015 rund 16 Prozent des Buchumsatzes ausmachen – auch weil die Verlage neue Lösungen präsentieren

Auch zweisprachige Ausgaben werden angeboten, der Leser kann zwischen Übersetzung und Original mit einem Klick hin-und herschalten

„2011 wird auf dem Markt der eigentliche Durchbruch für das E-Book kommen“, prophezeite Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, bei der Vorstellung einer vom Börsenverein in Auftrag gegebenen E-Book-Studie wenige Tage vor Eröffnung der Leipziger Buchmesse. Bislang fristen E-Books aber noch ein Nischendasein. Der Studie zufolge wurden 2010 mit elektronischen Büchern 21,2 Millionen Euro umgesetzt, lediglich 0,5 Prozent des Gesamtumsatzes. 82 Prozent der Deutschen greifen weiterhin lieber zum gedruckten Buch, nur 2 Prozent bevorzugen digitalen Lesestoff.

Dabei haben bereits 35 Prozent der Verlage E-Books im Angebot, 80 Prozent der Verlage werden nach eigenen Angaben in den kommenden Jahren nachziehen. „Insbesondere die Verlage investieren in den E-Book-Markt und sind derzeit den Lesern noch voraus“, sagt Jürgen Horbach, Schatzmeister des Börsenvereins und Vorsitzender der Geschäftsführung des KV-&-H-Verlags.

Gleich mehrere Nachteile verhindern derzeit einen Kundenansturm auf E-Books: Zum komfortablen Lesen ist zunächst ein E-Reader nötig, die immer noch mehr als 100 Euro kosten. Zudem verhindert der zumeist zum Einsatz kommende Kopierschutz die Weitergabe oder den Verleih von E-Books an Freunde und Bekannte. Digitale 1:1-Kopien von gedruckten Bücher können außerdem nur in ein PC-Bücherregal gestellt werden und sind damit keineswegs für die Ewigkeit gemacht. Trotz der Einschränkungen sind E-Books nur wenige Euro günstiger als die gedruckten Ausgaben. Gute Gründe für Leseratten, nicht zu elektronischen Büchern zu greifen, sondern weiter das echte Lesegefühl auf gedrucktem Papier zu bevorzugen.

Zahlreiche Verlage arbeiten nun aber daran, die Vorteile der digitalen Welt auch auf Bücher zu übertragen. So reichert beispielsweise der Fischer Verlag seine E-Books mit über den reinen Buchtext hinausgehenden Informationen an. In der Reihe „Fischer Klassik Plus“ stehen bereits 600 Klassiker von der Antike bis zur Moderne zur Verfügung. Die E-Books, die sowohl für E-Reader als auch für Tablets zur Verfügung stehen, enthalten beispielsweise Beiträge zum Werk aus dem „Kindler Literatur Lexikon“ oder biografische Artikel aus dem „Metzler Autoren Lexikon“. Auch zweisprachige Ausgaben werden angeboten, zwischen Übersetzung und Original kann der Leser mit einem Klick vergleichend hin- und herschalten.

„Die kostenneutrale Erstellung eines E-Books, das exakt wie das gedruckte Buch aussieht, macht keinen Sinn“, sagt Martin Spieles, Sprecher vom Fischer Verlag. „Der E-Book-Text soll kein reiner Fließtext sein, sondern mit einem eigenen Layout daherkommen – mit Absätzen, Einrückungen und so weiter. Sonst springen die Leser nach wenigen Seiten wieder ab.“

Allzu tief in die multimediale Welt wolle der Fischer Verlag aber nicht eintauchen. So werden die E-Books weder mit Videos noch mit Hörbuchdateien versehen. Auf sogenannte enhanced E-Books, nur für Tablet- und Computerleser geeignet, setzt hingegen der Bastei Lübbe Verlag. Der Bestseller „Sturz der Titanen“ von Ken Follett enthält zum Beispiel Videointerviews mit dem Autor. „Für September planen wir auch ein interaktives Buch mit Community-Anschluss. Denkbar wäre, dass die Leser mitentscheiden, welche Figuren sterben sollen oder zwischen verschiedenen Enden wählen können“, kündigte Rita Bollig, Leiterin von Bastei Entertainment, an. Auf der Buchmesse in Leipzig rühren die Verlage schon jetzt heftig die Werbetrommel für die Digitalisierung des Buchmarkts, die in den kommenden Jahren folgen soll.

CHRISTIAN AICHNER