„Der ist waschbar!“

Alles superklasse: Der deutsche Ableger des Marktschreier-Kanals QVC wird zehn Jahre alt. Und erweist sich immer mehr als Vertriebsweg der Zukunft

Von Michael Aust

„Wer immer nur als graue Maus rumläuft, wird den Mantel nicht mögen“, sagt der Moderator. Im Bild ist ein roter Kunstledermantel zu sehen, umrahmt von einem Preis und einer Telefonnummer. Im Off kriegen sich Moderator und Studiogast gar nicht mehr ein: „wunderwunderbar“ sei das Textil, „gigantisch“, „superschön“, „genial“. „Und jetzt kommt’s“, sagt der Moderator, und seine Stimme überschlägt sich fast, „der ist waschbar!“

Gutfinden ist Programm beim Verkaufskanal QVC, der im Dezember sein zehnjähriges Bestehen feiert. Fußballstar Pelé wird zum Jubiläum als neuer Partner des Senders vorgestellt. Und es werden wieder viele Beauty-Cases, Stiefel und Heckenscheren den Besitzer wechseln. Schließlich geht es bei Shoppingkanälen nicht um Feiern oder Journalismus, sondern ums Verkaufen.

Ein Service, der von immer mehr Zuschauern angenommen wird. Einer Gfk-Umfrage zufolge hat bereits jeder sechste Deutsche einmal bei einem Shoppingkanal gekauft. Noch vor drei Jahren waren es nur halb so viele. Seit seiner Gründung 1996 verzeichnete der Deutschlandableger des amerikanischen Shoppingsenders QVC jährlich zweistellige Zuwachsraten beim Umsatz. Im Jahr 2005 setzten die Düsseldorfer 629 Millionen Euro um. Täglich rufen 66.000 Zuschauer in den hauseigenen Callcentern in Bochum und Kassel an, um Produkte zu bestellen.

Im vergangenen Jahr wurde QVC deshalb vom deutschen Versandhandel als „Versender des Jahres“ ausgezeichnet. Marktforschern zufolge erreichen Teleshoppingkanäle vor allem die sogenannten Best- und Silver-Ager, Menschen zwischen 36 und 55 Jahren. Trotz Erweiterung des Angebots auf Elektronikartikel sind das nach wie vor hauptsächlich Frauen.

Knapp die Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet QVC mit Haushaltsartikeln, es folgen Schmuck, Beauty- und Modeprodukte. Dass selten Artikel des täglichen Bedarfs angeboten werden, hat System: Hier könnten die Zuschauer eine ungefähre Preisvorstellung haben. Viel lieber bieten die Sender exklusive Produkte an, für die es keinen allgemein bekannten Marktpreis gibt. Bei denen ist Gutfinden dann alles.

Zugute kommen den Shoppingkanälen auch ihre langen Öffnungszeiten. QVC sendet seit 2003 rund um die Uhr: von der Morning-Show ab 5 Uhr („Edelsteine kurz und bündig“) bis zu den „Geschenken für das gemütliche Schlafzimmer“ (ab 21 Uhr).

Dabei stellt der Sendername – ein Akronym aus Qualität, Wert und Bequemlichkeit (quality, value, convenience) – heraus, was das Marktschreierfernsehen für viele offensichtlich attraktiv macht: die Bequemlichkeit, nicht extra aufstehen müssen, um sich Pumps oder ein Goldkettchen zu kaufen. Diese Bequemlichkeit könnte in Zukunft weiter erhöht werden. Bei den Medientagen in Köln prognostizierte QVC-Chef Ulrich Flatten eine Ausdifferenzierung der Teleshoppingbranche: Statt der vier großen – QVC, HSE24, RTL Shop und 1-2-3-TV – könnten bald 30 bis 40 Verkaufssender in die deutschen Haushalte flimmern. Vor allem die Digitalisierung des Fernsehmarkts und die damit einhergehende Interaktivität könne diese Entwicklung forcieren. Auch der Konkurrent HSE24 hat berechnet, dass der Markt der Shoppingkanäle von heute knapp einer Milliarde bis 2010 auf 1,6 Milliarden Euro Umsatz wachsen könnte.

Etwas neidisch schielen die deutschen Verkaufssender dabei auf Großbritannien: Dort gibt es auf vielen Fernbedienungen schon den „red button“, mittels dessen im Fernsehen vorgestellte Produkte direkt bestellt werden können. „Wunderwunderbare“ Aussichten für Verkäufer von Kunstledermänteln.