Mobbing und Waffen auf dem Lehrplan

An der Hellersdorfer Konrad-Wachsmann-Schule gilt seit gestern eine Kooperationsvereinbarung mit der Polizei. Ziel ist es, der zunehmenden Gewalt unter Jugendlichen entgegenzuwirken, etwa durch spezielle Unterrichtseinheiten und Rollenspiele

Zur Feier des Tages ist auch die Polizeiband der Direktion 6 erschienen. „Smoke on the Water“ rocken sie vor 20 steifen Kollegen und rund 50 mitklatschenden Schülern der Hellersdorfer Konrad-Wachsmann-Schule. Sie feiern zusammen die Unterzeichnung eines Kooperationsvertrages zwischen der Realschule und der Polizei.

Damit folgt die Schule dem Vorbild von 57 weiteren in Berlin. Allein 16 Schulen im Bereich der Direktion 6 arbeiten bereits mit der Polizei zusammen. Gemeinsam wolle man verstärkt gegen Schülergewalt vorgehen, sagt der Tempelhof-Schöneberger Abschnittsleiter Bernd-Michael Miosga, der die Feier moderiert. „Gerade die Ereignisse der letzten Tage verleihen der Veranstaltung eine tragische Bedeutung.“

Miosga erinnert damit an geplante Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen, die die Polizei in den vergangenen Tagen verhindern konnte. Bereits am Mittwoch habe man einen anonymen Hinweis erhalten. Bis zu 100 Schüler zweier Schulen hätten sich in Prenzlauer Berg verabredet, „um alte Streitigkeiten zu beseitigen“. Die Polizei griff 38 Jugendliche auf und konfiszierte Schlagstöcke sowie Pfefferspray. Gestern sei ein neuer Hinweis gegeben worden, es kam jedoch zu keinen weiteren Festnahmen, so Miosga. Nun wolle man verstärkt den Kontakt zu den Familien der Täter aufbauen – und dabei seien die Schulen besonders wichtig.

Schulleiterin Sabine Rumler stimmt ihm zu: Besonders der Kontakt zu Eltern problematischer Schüler sei ein bedeutendes Element der Kooperation von Schule und Polizei. „Außerdem ist im Umgang mit Gewaltkonflikten die stärkere Integration der Schüler selbst gefordert“, erklärt Rumler. Schon vor der eigentlichen Zusammenarbeit habe man daher eine sogenannte Ordnungsgruppe eingerichtet, in der Schüler von Lehrern darin trainiert werden, „Konflikte rechtzeitig wahrzunehmen, besser zu verstehen und ihnen entgegenzutreten“, so Rumler.

Damit habe die Schule bereits bedeutende Vorarbeit geleistet, lobt der Leiter der Polizeidirektion 6, Michael Knape. Die Polizei wolle nun in diesen Ordnungsgruppen als zusätzlicher Berater und Ideengeber wirken. Gleichzeitig dürfe eines nicht vergessen werden, erklärt Knape den Schülern von der Bühne aus: „Gewalttäter fallen nicht von Himmel“. Gerade in der Pubertät seien Beziehungen unter Schülern prägender als alles andere. Falsche Verhaltensmuster würden schnell zu falschen Vorbildern, so Knape, und dort müsse eben angesetzt werden.

Im Rahmen des Kooperationsabkommens will die Polizei nun das Entstehen von Gewalt durch Rollenspiele und regelmäßige Sprechstunden „im Keim ersticken“. In speziellen Unterrichtseinheiten, so Knape, sollen die Schüler mit den Polizisten über Problemfelder wie Mobbing, sexuelle Gewalt, oder Waffengebrauch diskutieren.

Doch auch zur Sicherheit wollen die Polizisten in Zukunft häufiger beitragen. So sollen unter anderem Schulfeste von Beamten begleitet werden, sagt Schulleiterin Rumler. Am wichtigsten sei bei allem jedoch, dass der Dialog mit den Schülern aufrechterhalten werde.

Die zeigen sich zumindest von der musikalischen Begleitung der Veranstaltung begeistert. Den Auftritt von Polizeiband und Tanzgruppen quittieren sie mit lauten Jubelrufen. Manche beklagen jedoch, dass sie bei der Entscheidung für die Zusammenarbeit mit der Polizei außen vor gelassen wurden.

„An sich finde ich die ganze Sache schon gut“, meint einer. „Aber wenn man schon so gerne mit uns sprechen will, hätte man uns doch wenigstens fragen können, was wir davon halten.“ Doch dazu bietet sich nun keine Gelegenheit mehr, denn der Vertrag wurde bereits unterzeichnet. Und wie zur Besiegelung sang der Schulchor „Let it be“.

TIM WESTERHOLT