HAMBURGER SZENE VON MAGDA SCHNEIDER
: Schneller Stimmungswechsel

Es wird zur Gedenkminute mucksmäuschenstill und dann hallt es plötzlich wieder: „Abschalten, abschalten!“

Offiziell ist es eine Mahnwache. Tatsächlich wohl eher eine Demo – denn Sprechchöre – „Abschalten, abschalten“ – bestimmen an jenem Abend vor dem Vattenfall-Kundenzentrum zehn Tage nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Atompark Fukushima die Atmosphäre. Mehr als 1.000 Menschen sind gekommen. Jung und alt, Mütter mit ihren Kindern. Am Rande sitzen Schüler auf dem Platz, vor ihnen abgelegte Transparente, „Schotter umverteilen“ oder „Stilllegung aller Atomkraftwerke“ steht drauf.

Es herrscht aber auch ein beklemmendes Gefühl. In der Mitte des Platzes ist eine große Tafel aufgestellt worden, auf der die Botschaften der Anti-Atombewegung stehen. Davor haben Menschen Kerzen angezündet. Wer will, kann das, was ihn in Gedenken an Fukushima bewegt, auf die Tafel schreiben. Und nachdem ein Redner eine härtere Gangart gegen die Atomwirtschaft gefordert hat, bittet er unerwartet feinfühlig für die Opfer der japanischen Reaktorkatastrophe um eine Gedenkminute.

Es wird tatsächlich mucksmäuschen still. Kaum sagt er „danke“, stimmt jedoch ein Chor junger Schülerinnen erneut die Parole an: „Abschalten, abschalten“, während die Älteren sich eines altes Kampfliedes besinnen. „Wehrt euch, leistet Widerstand, gegen das Atomkraftwerk im Land, schließt euch fest zusammen…“