Gambias Aidskontroverse trifft ganz Afrika

Nicht nur Präsident Jammeh behauptet, Aids mit Kräutern zu heilen. Traditionelle afrikanische Medizin im Kreuzfeuer

BERLIN taz ■ Die Kontroverse um die angebliche Heilung von Aids durch Gambias Präsident Yahya Jammeh eskaliert. Eine Gruppe gambischer Parlamentarier hat nach dem Bericht einer Exilzeitung begonnen, ein Verfahren zur Amtsenthebung des Präsidenten wegen Geisteskrankheit einzuleiten. Artikel 66 der gambischen Verfassung sieht vor, dass bei Zweifeln über das körperliche oder geistige Wohlbefinden des Staatschefs der Parlamentspräsident auf Antrag der Parlamentsmehrheit ein Ärztegremium einsetzen kann, auf dessen Bericht hin das Oberste Gericht des Landes den Präsidenten absetzen kann.

Im Januar hatte Gambias Präsident Yahya Jammeh, der das kleine westafrikanische Land seit 1994 regiert, die Entdeckung eines Verfahrens zur Heilung von Aidskranken verkündet, das er selbst anwendet. Es besteht aus dem Auftragen einer Kräuterpaste und der Einnahme diverser pflanzlicher Heilmittel. Die Rezeptur habe er aus dem Wald sowie aus dem Koran, erläutert der Präsident auf seiner Webseite (www.statehouse.gm). Aus Protest sind die beiden führenden Aidsbekämpfer Gambias zurückgetreten. Die höchstrangige UN-Vertreterin in Gambia, die Simbabwerin Fadzai Gwarazima, musste jetzt ausreisen, weil sie Jammehs Aidspolitik in einem TV-Interview kritisierte.

Dass traditionelle pflanzliche Medizin in Afrika gegen Aids wirken könnte, wird immer wieder gemeldet, zuletzt in Südafrika, Nigeria und der Demokratischen Republik Kongo. Meist lindern die fraglichen Mittel zwar Symptome mancher Folgekrankheiten, die bei HIV-Infizierten aufgrund ihrer Immunschwäche auftreten, besiegen aber nicht den HI-Virus selbst.

Ende letzter Woche veröffentlichten die Behörden in Sambia die Ergebnisse der bisher umfassendsten Tests zur Wirksamkeit traditioneller Medizin bei Aidskranken. Von 79 geprüften Heilmitteln hätten nur drei die Kriterien erfüllt, sagte Sambias Gesundheitsministerin Angela Cifire. Andererseits sei von den 26 Patienten keiner in der sechsmonatigen Untersuchungszeit kränker geworden. Der Verband der traditionellen Heiler Sambias kritisierte, der Zeitraum sei zu kurz und die Zahl der Testpersonen zu klein gewesen. Nigerias führende Tageszeitung The Guardian forderte am Wochenende in einem Grundsatzkommentar „rigorose Tests“, um endlich Klarheit zu schaffen. D.J.