Razzia in zwei Bezirksämtern

FALL YAGMUR Staatsanwaltschaft stellt Akten in Jugendämtern sicher. Ermittlung wegen Verletzung der Fürsorgepflicht. Bezirks-Chefs als Zeugen vor dem Ausschuss

Ermittler der Hamburger Staatsanwaltschaft haben in zwei Bezirksämtern und bei freien Trägern Unterlagen zum Fall Yagmur sichergestellt. „Es lagen Gerichtsbeschlüsse vor“, sagte eine Sprecherin. Die Dokumente seien daraufhin übergeben worden. Es gehe um Ermittlungen gegen mehrere Verdächtige, die beruflich mit der Betreuung des Kindes beauftragt waren. Ihnen wird Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht vorgeworfen.

Die dreijährige Yagmur war im Dezember 2013 innerlich verblutet. Vor dem Landgericht müssen sich die Eltern des Kindes verantworten. Die Mutter soll das Kind zu Tode misshandelt haben, der Vater nicht eingeschritten sein. Auch in dem Verfahren gegen die Eheleute wurden zu einem früheren Zeitpunkt bereits Jugendamts-Akten sichergestellt. Das Mädchen Yagmur wurde seit seiner Geburt von Jugendämtern betreut. Gegen mehrere Mitarbeiter wurden schwere Vorwürfe erhoben.

Das Hamburger Abendblatt berichtete am Donnerstag von besagter Razzia, die schon vor zwei Wochen stattfand. Die Staatsanwaltschaft habe die Bezirksämter Eimsbüttel und Mitte durchsucht. In Eimsbüttel sei die Personalakte einer Mitarbeiterin mitgenommen worden, die im Mai 2013 die Rückführung des Kindes in seine Familie eingeleitet hatte, in der es schließlich getötet wurde.

Der traurige Fall gilt laut eines Berichts der internen Jugendhilfeinspektion als Folge einer Kette von Fehlentscheidungen. Wie es dazu kam, wird seit März in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) beleuchtet. Dort müssen in der kommenden Woche die Chefs der beteiligten Bezirksämter Andy Grote (Mitte), Torsten Sevecke (Eimsbüttel) und Arne Dornquast (Bergedorf, alle drei SPD) als Zeugen auftreten. Der FDP-Politiker Finn-Ole Ritter wirft diesen nun vor, sie hätten „nur mit angezogener Handbremse“ Aufklärung betrieben. Es sei ein „Skandal“, dass die Staatsanwaltschaft erst eine Razzia durchführen lassen müsse, um Original-Akten aus den Bezirksämtern zu beschlagnahmen. Dies täte sie nicht, hätte sie nicht „Anhaltspunkte für eine bestehende Verdunklungsgefahr“.  (taz/dpa)