Jukebox

Ein Sänger mit vielen Identitäten

Der Chansonsänger Georges Moustaki ist so etwas wie ein multikulturelles Ideal: Er ist Grieche von Geburt, getaufter Jude, im ägyptischen Alexandrien zur Welt gekommen und Araber in seiner Lebensweise.

Als Jugendlicher entdeckte er die Liebe zur französischen Sprache und ging Anfang der 1950er-Jahre als Journalist nach Paris. Dort arbeitete er auch als Barmann und begegnete so den damaligen französischen Chansongrößen. Für die schrieb Georges Moustaki später Lieder, unter anderem „Milord“ für Edith Piaf. Französisch war längst zu jener Sprache geworden, in der er seine Gefühle und Lebenswelt kommunizierte. Griechisch hingegen – die Sprache seiner Eltern – begann er erst mit 40 zu lernen. Sie zu sprechen hat Moustaki noch immer Hemmungen – als so gering empfindet er seine Griechischkenntnisse. Ein Problem hat der mittlerweile 73-Jährige damit dennoch nicht: „Ich bin nie auf der Suche nach meiner Identität, sondern reich an vielen Identitäten.“

Diesen Reichtum drückt er immer wieder in seinen Chansons aus. Vor mehr als zehn Jahren brachte Georges Moustaki das Album „Mediterranéen“ heraus. Einen Bogen um sein eigenes und um das Leben im Allgemeinen spannt er darauf, singt von der Liebe, von der Vergänglichkeit und dem Tod. Und natürlich darf ein Stück über das, was vielleicht am ehesten als seine Heimat zu bezeichnen wäre, nicht fehlen: In dem titelgebenden Lied „Méditerranéen“ verortet er sich physisch wie psychisch ans Mittelmeer. Überall dort ist der Chansonnier an seinen Wurzeln, ist er seinem Geburtsort Alexandrien nahe, auch wenn er sich meilenweit davon entfernt befindet.

Aber auch der Probleme eines multikulturellen Miteinanders ist er sich bewusst: „Méditeranéen / pour toutes les offenses / pour toutes les violences / et la sagesse aussi“ – „für alle Beleidigungen / für all die Gewalt / aber auch die Weisheit“ lautet eine Liedstrophe, auf die sofort die Aufforderung folgt, alle Mittelmeeranwohner sollten sich doch versöhnen.

Das Chanson war schon immer die poetisch dichte Form für große Themen: Georges Moustakis Appell ans friedliche Miteinander wird sich wie ein roter Faden durch sein Konzert am Dienstag in Berlin ziehen.

Andrea Edlinger