Kirche verschafft Arbeit

Evangelische Kirchengemeinden und Diakonie machen Kampagne für neues Bleiberecht, damit die Migranten schneller an Arbeitsplätze und Aufenthaltsgenehmigungen kommen. Dialog gefordert

VON TIM WESTERHOLT

Eva-Maria Kulla ist besorgt. „Wir müssen das kleine Fenster nutzen, das gerade geöffnet wurde, denn die Zeit verstreicht zu schnell.“ Kulla ist Ausländerbeauftragte im Evangelischen Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf. Sie koordiniert die Initiative „Arbeit, um zu bleiben – Arbeit, um zu leben“, die Ende letzter Woche begonnen hat. Dienstags und donnerstags von 14 bis 18 Uhr berät Kulla Migranten, die auf Arbeitssuche sind. Und sie berät Arbeitgeber, die für freie Stellen noch passende Mitarbeiter suchen.

Hintergrund ihrer Kampagne ist die im November 2006 verabschiedete Änderung des Bleiberechts. Darin wurden Migranten Ansprüche und bessere Bedingungen für eine Aufenthaltsgenehmigung gegeben (siehe unten). Von den rund 8.800 geduldeten Flüchtlingen hier erfüllen zirka 4.000 die Bedingungen für einen dauerhaften Aufenthaltsstatus. Doch gerade mal jeder Vierte habe einen Antrag auf Bleiberecht gestellt – zu wenig, findet Kulla, ganz zu schweigen von den Bewilligungen. Ein Grund für die geringe Anzahl liege in der schleppenden Bearbeitung der Anträge in den Ämtern, so Kulla. Die größten Hürden sieht sie jedoch im Gesetz selbst. „Die Messlatte wurde für Migranten unglaublich hoch angelegt.“

Viele Betroffene wüssten nichts von ihren neuen Möglichkeiten. Zugleich müssten auch die Arbeitgeber über die Lage der Geduldeten besser informiert werden. Die Migranten stünden häufig unter hohem emotionalem Druck. Mit Flyern und direkter Kontaktaufnahme zu Unternehmen und Verbänden will sie dem nun abhelfen. Der Migrationsbeauftragte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, Hanns Thomä, stimmt ihr zu. „Es handelt sich um Individuen, die seit Jahren vom Arbeitsmarkt fern gehalten wurden.“ Daher sei es für die Betroffenen unmöglich, bis zum Stichtag im September eine Arbeit zu finden, bemängelt er. Die Landeskirche beteilige sich an der Arbeitsplatzkampagne, da „der Dialog bis heute nicht ausreichend zwischen den Beteiligten geführt wird und die Initiative ein wichtiger Beitrag ist“, so Thomä.

Der dritte Träger ist das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg. Auch Diakonie-Referentin Ingrid Lühr bemängelt den fehlenden Austausch der Akteure. „Gerade aufseiten der Politik und der Wirtschaft muss sich mehr auf uns zu bewegt werden.“ Gemeinsam mit anderen Institutionen habe man daher zu einem runden Tisch am 13. März geladen. Dort sollen Vertreter aus Politik und Wirtschaft mit denen der Kirchen und dem Flüchtlingsrat zusammenkommen, um die Migrationsproblematik zu diskutieren.

Auch der Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf nimmt an dem Treffen teil. Am runden Tisch werde die Initiative noch einmal vorgestellt, so Ausländerbeauftragte Kulla.

Deren Wichtigkeit habe sich allerdings bereits am ersten Tag gezeigt: „Um eine Minute nach zwei kam der erste Anruf, und schon am Abend hatten wir den ersten Anrufer vermittelt.“ Ein 30-jähriger Mann aus dem Kosovo hat so eine Anstellung in einer Reinigungsfirma bekommen. Hier genügten ein „bisschen Druck“ auf die Ausländerbehörde und ein Informationsgespräch mit dem Arbeitgeber.