Kopenhagen: Ruhe nach dem Krawall

Dänische Polizei verzeichnet nach Auseinandersetzungen um geräumtes Jugendzentrum rund 670 Festnahmen

STOCKHOLM taz ■ Nach erneuten schweren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen in der Nacht zum Samstag und nur noch einzelnen Scharmützeln in der darauffolgenden Nacht ist gestern weitgehend Ruhe eingekehrt. Rund 670 Personen sind seit Donnerstag festgenommen worden, darunter 140 aus Deutschland, Schweden und Norwegen. Das Jugendhaus Jagtvej 69, dessen gewaltsame Räumung am Donnerstag Anlass der Demonstrationen war, soll vermutlich bereits in dieser Woche abgerissen werden. Dem Vernehmen nach drängte die Polizei den neuen Eigentümer, die christliche Sekte „Faderhuset“, zu diesem Entschluss, da ansonsten die permanente Gefahr einer Besetzung durch autonome Gruppen bestehen würde. Die Stadt Kopenhagen hat bereits die Erlaubnis zum Abriss des 110 Jahre alten Gebäudes gegeben.

Der Polizeieinsatz im Zusammenhang mit der Jagtvej-Räumung wird teilweise massiv kritisiert. Eine Sprecherin der „Elternvereinigung gegen Polizeibrutalität“ zählte vor der Presse Dutzende von Beispielen für Polizeigewalt auf: „Teilweise ist auf hilflos am Boden liegende und am Kopf blutende Jugendliche eingeknüppelt worden.“ Die Polizei habe provoziert, sei mit ihren Fahrzeugen in die Menge gefahren, habe damit Panik ausgelöst und die Stimmung angeheizt.

Dass in Kopenhagen relativ schnell „wieder normale Zustände“ einkehrten, wie Polizeisprecher Lars Borg gestern erklärte, kann zu einem großen Teil dieser Elternvereinigung und einer Initiative von BewohnerInnen aus und um den „Freistaat Christiania“ zugeschrieben werden, die die ganze Nacht unterwegs waren und mögliche Konfrontationen oft im Keim ersticken konnten. „Wir sind etwa 50 Eltern, die frustriert sind, wie man unsere Kinder behandelt, und wir wollen sie vor der Staatsgewalt schützen, wenn sie ihr Demonstrationsrecht wahrnehmen“, erklärt der 53-jährige Ole Egelund, Vater einer 18-jährigen Tochter, sein Engagement. Er versteht die Frustration der protestierenden Jugendlichen: „Das Jugendhaus war eine sichere Stelle für sie. Ohne Drogen und die Gefahr sexueller Übergriffe. Und nun hat man ihnen das weggenommen. Was bleibt, ist nur noch Kommerz und Monokultur.“ REINHARD WOLFF