Westerwelle ist nicht mehr die FDP

KONSEQUENZEN Die Liberalen bekommen einen neuen Boss

BERLIN taz, dpa | Außenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle tritt beim FDP-Parteitag im Mai nicht mehr für das Amt des Parteivorsitzenden an. Am Sonntag trat er vor die Presse und sagte, er habe eine „Entscheidung getroffen, die ich mir gut und gründlich überlegt habe. Ich werde mich auf dem kommenden Bundesparteitag nach zehn Jahren als Parteivorsitzender nicht erneut für das Amt bewerben. Ich werde meine Arbeit auf das Amt des Außenministers konzentrieren.“ Das sind die Worte, zu denen ihn seine Parteifreunde in den letzten Tagen und Wochen hingetrieben hatten. Ob Westerwelle nun weiter Vizekanzler bleiben möchte, blieb unklar. Er betonte, mit seiner Entscheidung „für einen Neuanfang in der Partei zu sorgen“. Nach wenigen Minuten tritt Westerwelle ab. Er war erst an diesem Tag von einer Dienstreise aus Ostasien zurückgekehrt. Die Partei hatte während seiner Abwesenheit munter über Zeitpunkt und Modalitäten seines Rücktritts sowie über mögliche Nachfolger diskutiert. Am Sonntag wurde dann vor allem rasches Handeln eingefordert. Und das folgte dann so prompt, dass es wiederum überraschte.

„Ein möglicher Personalumbau der Führungsspitze sollte nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen“, hatte die stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Miriam Gruß, der taz gesagt, bevor Westerwelle sich zum Rückzug entschlossen hatte.

Die FDP-Führungsdebatte hatte nach den Wahlniederlagen in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg die ohnehin schon geschwächte Partei zusätzlich belastet. Je länger sich die Personaldiskussionen hinziehen, desto weniger kann sich die FDP um Inhalte kümmern. Und desto mehr entsteht das Bild einer Partei, die mehr mit sich selbst ringt als mit dem politischen Gegner.

Zu den Nachwuchshoffnungen zählen NRW-Landeschef Daniel Bahr, Generalsekretär Christian Lindner und Gesundheitsminister Philipp Rösler.

Bei der Frage um Westerwelles Nachfolge scheint es auf Rösler hinauszulaufen. Als Gesundheitsminister hat er allerdings einen potenziell unpopulären Posten inne. Spekuliert wird deshalb, dass ein Parteichef Rösler stattdessen das Wirtschaftsressort bekommen könnte. Das Amt hat bislang der Rheinland-Pfälzer Rainer Brüderle inne. Aber der weigert sich offensichtlich standhaft, zugunsten einer solchen Kabinettsrochade abzutreten. In der Partei wünschen sich das allerdings viele: Seit seinem BDI-Protokollpatzer gilt Brüderle als untragbar.

Rösler gab am Sonntag schon einmal die Richtung vor. „Es kommt darauf an, die verlorene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen“, sagte er der Bild am Sonntag. Die FDP müsse sich „wieder mehr um die Lebenswirklichkeit der Menschen kümmern“. NIKLAS WIRMINGHAUS