Massenproteste für Homo-Ehe in Italien

Zehntausende fordern in Rom mehr Rechte für gleichgeschlechtliche Paare. Regierung ist gespalten

ROM taz ■ Es waren tausende Handys und Wecker, die am Samstag, Punkt 18 Uhr, auf der Piazza Farnese in Rom um die Wette klingelten, hochgehalten von den Demonstranten, die ihren Weckruf für die Einführung der Schwulenehe in Italien loswerden wollten. „Aufgewacht – die Stunde der Rechte ist gekommen“ lautete das Motto der Kundgebung, zu der zahlreiche Schwulen- und Lesbenverbände aufgerufen hatten. Am Ende drängten sich wohl 50.000 Menschen auf der Piazza Farnese, aber auch auf dem nebenan liegenden Platz Campo de’ Fiori und in den Seitenstraßen.

„Besser Gay als Opus Dei“ hatte sich ein Demonstrant auf eine selbst gebastelte Bischofsmütze geschrieben, während auf seinem T-Shirt „Vatikan – Taliban“ prangte, neben ihm sein Partner, ebenfalls mit bischöflicher Kopfbedeckung und der Aufschrift: „Auch ich habe Mitte-links gewählt“. Die zwei brachten so den Grund für die Demonstration auf den Punkt: Der heftige Widerstand des Vatikans und der italienischen Rechten sowie die Spaltung der Regierungskoalition in dieser Frage lassen es ungewiss erscheinen, dass Italiens homosexuelle Paare in Zukunft wenigstens ein paar bescheidene Rechte eingeräumt bekommen.

Denn die Regierung von Romano Prodi hat zwar erst vor wenigen Wochen einen Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht, der die „Rechte Zusammenlebender“ regeln soll. Schon dieser Entwurf war Resultat eines schwierigen koalitionsinternen Kompromisses. Zum Mitte-links-Lager gehören auch zahlreiche stramme Katholiken.

Am Ende kam ein Gesetzesvorhaben heraus, das jeden Anschein der Gleichstellung zwischen Homosexuellen und verheirateten Heteros vermeiden sollte. So ist vorgesehen, dass sich die beiden Partner getrennt zur Registrierung aufs Standesamt begeben. Positiv bewerten Schwule und Lesben, dass sie künftig Anrecht auf die Rente eines verstorbenen Partners hätten sowie darauf, ihm im Mietvertrag nachzufolgen.

Für den Vatikan – und die ihm treuen Vertreter in der Koalition – ist das schon Teufelswerk. Viele verstanden die Regierungskrise vor zwei Wochen denn auch als katholischen Warnschuss: Giulio Andreotti, Senator auf Lebenszeit, votierte gegen Prodi, obwohl er an dessen Außenpolitik, die Gegenstand des Vertrauensvotums war, nichts auszusetzen hat. Die nichtkatholischen Linksparteien wollen das Gesetz durchbringen. Neben der Gleichstellungsministerin Barbara Pollastrini von den Linksdemokraten waren zwei Minister der Kommunisten und Grünen am Samstag bei der Kundgebung auf dem Podium. Premier Prodi beschwerte sich anschließend. Der Auftritt von Kabinettsmitgliedern bei einer Demonstration sei „unangebracht“. MICHAEL BRAUN