Großes Mandat, verspätet entdeckt

UN-MANDAT Tausende ausländischer Soldaten stehen in der Elfenbeinküste. Bisher zählten sie nur die Toten. Erst jetzt greifen sie ein

Das Mandat der Blauhelme lautet, „den Einsatz schwerer Waffen gegen die Zivilbevölkerung zu verhindern“

BERLIN taz | Die internationalen Militärschläge in Abidjan in der Nacht zu Dienstag erfolgten auf Anforderung des UN-Generalsekretärs Ban Ki-Moon. Am Montag hatte er die UN-Mission in der Elfenbeinküste (Unoci) angewiesen, „die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Einsatz schwerer Waffen gegen die Zivilbevölkerung zu verhindern, mit Unterstützung der französischen Streitkräfte“.

Grundlage dafür ist die UN-Resolution Nr. 1975 vom 30. März dieses Jahres. Sie bestätigt das geltende Mandat der Blauhelmtruppe in der Elfenbeinküste, „innerhalb ihrer Kapazitäten und ihrer Einsatzgebiete Zivilisten unter unmittelbarer Bedrohung physischer Gewalt zu schützen“ – auch, wie es ausdrücklich heißt, „den Einsatz schwerer Waffen gegen die Zivilbevölkerung zu verhindern“. Dieser Beschluss ging auf einen gemeinsamen Vorschlag Frankreichs und Nigerias zurück.

In der Elfenbeinküste stationiert sind UN-Soldaten bereits seit April 2004, und zwar mit dem Auftrag, in Zusammenarbeit mit der Gbagbo-Armee und den Rebellen das Friedensabkommen von 2007 in die Tat umzusetzen. Bis zu den Wahlen lauteten die wichtigsten Aufgaben: das Waffenembargo zu überwachen, die beiden Kriegsparteien zu einer nationalen Armee zusammenzuführen und die Milizen außerhalb dieser Kriegsparteien aufzulösen, womit vor allem die Gbagbo-treuen „patriotischen“ Milizen gemeint waren.

Die Unoci half logistisch bei der Vorbereitung der Wahl vom Hernst 2010, zählte die Stimmen parallel aus und hatte die Aufgabe, in letzter Instanz die Ergebnisse zu bestätigen. Doch zum Zeitpunkt der Wahl waren weder die Verschmelzung von Rebellen und Gbagbo-Truppen zu einer Armee noch die Auflösung der Milizen vollendet. Dies hat es den Parteien ermöglicht, den Bürgerkrieg wieder aufzunehmen.

Die Unoci hat nach eigenen Angaben derzeit 9.062 „bewaffnetes Personal“ im Land stationiert, davon 7.568 Soldaten. 2.000 weitere werden erwartet. Ihre Kampfausrüstung besteht unter anderem aus drei ukrainischen Kampfhubschraubern des Typs MI-24, von denen einer am Montagabend zum Einsatz kam. Unterstützt werden die UN-Soldaten in der Elfenbeinküste von der französischen Eingreiftruppe „Licorne“. Sie stehen als schnelle Eingreiftruppe zur Verstärkung der Blauhelme auf deren Anforderung auf einer Basis am Flughafen von Abidjan.

Zu Beginn des ivorischen Bürgerkrieges 2002 hatten französische Truppen eingegriffen, um die Regierung Gbagbo zu verteidigen, und sie überwachten danach einen Waffenstillstand. Zeitweise 5.000 Mann stark, hat die französische Truppe inzwischen fast alle ihre Aufgaben an die UNO übergeben. Bis 2010 schrumpfte sie auf 900 Mann, heute sind es wieder 1.650.

DOMINIC JOHNSON