Das Abenteuer ist vorbei
ELFENBEINKÜSTE Französische Spezialeinheiten führten die Offensive an, die mit Gbagbos Festnahme endete
Über eine Woche lang hatte Laurent Gbagbo im Bunker seiner Residenz ausgeharrt
VON DOMINIC JOHNSON
Der Machtkampf in der Elfenbeinküste ist beendet. Soldaten des ivorischen Präsidenten Alassane Ouattara haben am Montagnachmittag den ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo aus dem Bunker seiner Residenz in Abidjan geholt, in dem er sich seit gut einer Woche aufhielt. Gbagbo wurde zusammen mit seiner Ehefrau Simone in das nur wenige Straßenzüge entfernte Hotel du Golf gebracht, wo die Regierung Ouattara residiert. Dort wurden sie unter den Schutz der UN-Mission in der Elfenbeinküste (Unoci) gestellt. „Der Albtraum ist vorbei“, erklärte Ouattaras Premierminister Guillaume Soro.
Aufnahmen des Ouattara-TV-Senders TCI zeigten einen sichtlich überraschten Gbagbo im Unterhemd, der Fragen umstehender Soldaten beantwortete, sowie die Abführung seiner Frau in Unterwäsche. Über eine Woche lang hatte Gbagbo im Bunker der Präsidentenresidenz ausgeharrt, nachdem Ouattaras Armee in der Nacht zum 1. April in Abidjan einmarschiert war. Doch am Montagmittag fuhren französische Panzerkolonnen aus ihrer Basis im Süden Abidjans ins Stadtzentrum, wo sich die letzten Stellungen der Gbagbo-treuen Truppen befanden. Französische Spezialeinheiten ermöglichten es offenbar den Ouattara-Soldaten, in die Präsidentenresidenz einzudringen.
Zunächst hatte es sogar geheißen, die Franzosen hätten Gbagbo verhaftet; das wurde später dementiert. Der Sturmangriff folgte auf die schwersten Gefechte in Abidjan seit Beginn des Bürgerkriegs. Französische Hubschrauber flogen in der Nacht zu Montag Luftangriffe auf Gbagbos Artilleriestellungen im Gelände der Residenz, dazu auf die Kommandozentrale der Präsidialgarde, den zum Waffendepot umfunktionierten Kulturpalast von Abidjan neben dem Gardehauptquartier, eine Marinebasis sowie Milizenstellungen im südlichen Stadtteil Koumassi.
Von dort aus war in der Nacht zum Sonntag quer über die Lagune von Abidjan das Hotel du Golf mit schweren Geschützen beschossen worden. Das war offenbar der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die UN-Mission sowie Ouattara baten um französisches Eingreifen zur Zerstörung von Gbagbos schweren Waffen gemäß der UN-Resolution 1975. Auf dieser Grundlage war bereits letzte Woche das Gendarmeriecamp Agban im Norden der Stadt bombardiert worden. Frankreich hat 1.700 Soldaten in Abidjan stationiert, als Eingreiftruppe zur Verstärkung der UNO auf deren Anforderung.
Ouattaras Armee, die hauptsächlich aus den ehemaligen Rebellen im Norden der Elfenbeinküste besteht und vor zwei Wochen in einer Blitzoffensive aus dem Norden des Landes bis nach Abidjan vorstieß, schafft es bis heute nicht, die Millionenmetropole Abidjan vollständig zu kontrollieren. Bis zuletzt hielten Gbagbo-treue Kämpfer große Teile des zentralen Geschäftsviertels Plateau sowie des benachbarten Villenviertels Cocody, wo sich die Präsidentenresidenz, das Hotel du Golf und die meisten diplomatischen Vertretungen befinden. Bis zu einer Million Menschen sind aus Abidjan geflohen, wo nach wie vor Gbagbos Milizen aktiv sind.
Mehrere hochrangige Mitstreiter Gbagbos sollen sich jetzt in französischem Militärgewahrsam befinden. Pascal Affi N’Guessan, Präsident von Gbagbos FPI (Ivorische Volksfront), soll knapp der Lynchjustiz entgangen sein. Als sich die Nachricht von Gbagbos Verhaftung in Abidjan verbreitete, kam es zu spontanen Freudenfeiern. Die meisten Ivorer hoffen, dass jetzt endlich Frieden einkehren kann.
