Mit Mikrochips und viel Gefühl

Paderborner Wissenschaftler entwickeln eine emotionale Maschine: einen Computer, der die Stimmung seines Benutzers wahrnehmen kann. Die Forscher träumen von einer neuen Generation von Rechnern, die besser auf die Bedürfnisse ihrer menschlichen Nutzer reagieren können

Wenn Mexi sich langweilt, hat ein potentieller Gesprächspartner keine Chance – er wird ignoriert. Die Plastikscheibe, die Mexis Gesicht darstellt, dreht sich weg, die Kameras in Höhe der Augen richten sich auf etwas anderes. Böse kann man ihm deswegen nicht sein. Schließlich steht Mexi für „machine with emotionally extended intelligence“ (in etwa „Maschine mit emotional erweiterter Intelligenz“). Wenn Mexi sich langweilt, dann also nur, weil seine Programmierer das so eingerichtet haben.

Bernd Kleinjohann vom Heinz-Nixdorf-Institut der Universität Paderborn ist einer von ihnen. „Der Computerkopf kann sowohl Emotionen darstellen als auch aufnehmen“, so der Informatiker. „Die Grundidee ist, eine Interaktion zwischen Mensch und Maschine möglich zu machen“. Anhand von typischen Merkmalen erkennt Mexi sowohl die Sprache als auch die Mimik seines Gegenübers. „Bei der Sprache gibt es eine Zuverlässigkeit in der Erkennung von geschätzten 80 Prozent, bei der Mimik zwischen 50 und 60 Prozent“, so Kleinjohann.

In den kommenden Monaten wollen Forscher seiner Arbeitsgruppe die Technologie stabilisieren – um sich dann mit Unternehmen über eine mögliche Vermarktung zu unterhalten. Grenzen scheinen der Technologie kaum gesetzt zu sein. „Man könnte sich vorstellen, dass ein Detektor im Auto den Fahrer weckt, falls er einen Sekundenschlaf feststellt. Oder, dass ein Fahrkartenautomat individuell auf sein Gegenüber reagiert – so wie das vielleicht ein menschlicher Kundenberater tun würde“, erzählt Kleinjohann. Eigentlich überall, wo man sich normalerweise über Technik ärgert, könnte die neue Technologie eingesetzt werden.

Doch es gibt auch Einsatzgebiete, die Kleinjohann nicht so am Herzen liegen. Zum Beispiel wäre es durch seine Technologie möglich, individuelle Werbung zu konzipieren: Ein Computer könnte die Angebote variieren, je nachdem, wie sein gegenüber sie aufnimmt. Angenommen, jemand geht an einem Schaufenster vorbei und sieht hinein: Schaut er interessiert, zeigt der Computer ihm etwas anderes, als wenn er gelangweilt dreinschaut. Mexi als gigantisches Werbeinstrument? Damit kann sich Kleinjohann nicht anfreunden. „Das ist nicht so ein wünschenswerter Aspekt“, findet er. „Zu begrüßen ist das nur, wenn sich die Leute über etwas wirklich informieren wollen und dann in einen Dialog mit dem Computer treten können.“

Und die Sicherheitstechnologie? Wenn der Computer in der Lage ist, anhand der Mimik Stimmungsschwankungen wahrzunehmen – könnte die Technologie dann nicht als Grundlage dienen für ein Programm zur Personenfahndung nach Gesichtern? Constanze Kurz vom Chaos Computer Club erklärt: „Es wäre erst bedenklich, wenn eine biometrische Gesichtserkennung gemacht und mit personenbezogenen Daten verknüpft würde.“ Also zum Beispiel mit den Daten der Kreditkarte und dem dazu passenden Gesicht. Auch Kleinjohann wehrt ab: Damit habe seine Technologie nichts zu tun, darauf ziele sie vor allem nicht ab. „Wir wollen erreichen, dass der Mensch sich nicht mehr nach dem Computer richten muss, sondern der Computer nach dem Menschen.“ JOHANNA RÜSCHOFF