„Die Bauern tragen Verantwortung“

AGRAR Wegen des Klimawandels fallen immer mehr Plantagen der Seuche Kaffeerost zum Opfer, sagt Entwicklungsökonom Frank Rubio. Aber die Besitzer könnten mehr tun, um die Pflanzen zu schützen

■ Leiter des Südamerika-Büros von Oikocredit. Diese Kreditgenossenschaft finanziert u.a. Mikrofinanzinstitutionen in Entwicklungsländern.

taz: Herr Rubio, in Peru zerstört die Kaffeerost-Seuche, „la roya“, seit 2011 einen Großteil der Kaffeeernte. Peru gehört nach Brasilien, Vietnam und Honduras zu den Hauptlieferanten von Kaffee in Deutschland.Was passiert da?

Frank Rubio: Der Kaffeerost ist ein Pilz, der dem Kaffeestrauch im Grunde die ganzen Nährstoffe entzieht. Dadurch fallen die Blätter ab, und es findet letztlich kein Wachstum statt – die Pflanze geht ein.

Gibt es einen Grund, warum die Kaffeeplantagen ausgerechnet jetzt so stark betroffen sind?

Eigentlich gibt es den Pilz schon sehr lange. Dass der Befall jetzt so stark ist, hat mit dem Klimawandel zu tun. Zu viel Wärme, Trockenperioden und starker Regen, vor allem in höheren Lagen, wo der Kaffee wächst, führen dazu, dass sich die Seuche viel stärker verbreitet.

Tritt der Kaffeerost nur in Peru auf?

Nein, auf Kaffeeplantagen in Mittelamerika hat sich die Pflanzenpest sogar noch stärker ausgebreitet. In Honduras hat der Pilz bis zu 70 Prozent der Pflanzen befallen, die Hälfte der Ernte fiel aus. In Peru sind es bisher 35 Prozent der Kaffeesträucher.

Also machen die Kaffeebauern in Peru sogar etwas besser als ihre honduranischen Kollegen?

Ja und nein. Die Unterschiede hängen zum einen mit dem Klima zusammen, das sich in Mittelamerika drastischer verändert hat als in Peru. Aber es spielt auch eine große Rolle, wie die Kaffeebauern ihre Felder bewirtschaften. In Peru bauen die Kleinbauer generell verschiedene Produkte in Mischkultur an. Dabei sind auch mehrere Kaffeesorten, die unterschiedlich stark gegen den Kaffeerost resistent sind. In Mittelamerika findet man dagegen oft nur ein oder zwei Sorten auf einer Farm.

Perus Regierung hat lange zugesehen, wie die Ernte einbrach. Erst nach einer Straßenblockade von Bauern wurde sie aktiv.

Das Problem ist, dass die Seuche sich in Peru sehr schnell verbreitet hat. Zwar war man schon frühzeitig über die Gefahr informiert, und vielleicht reagierten die Behörden anfänglich nicht schnell genug. Aber die Schuld allein beim Staat zu suchen, greift zu kurz – die Bauern und Kaffeegenossenschaften tragen genauso Verantwortung.

Zum Beispiel?

Die peruanische Regierung hilft vor allem mit Programmen, um die befallenen Sträucher durch neue zu ersetzen. Allein dieses Jahr will die Regierung Bauern mit Krediten der staatlichen Agrobanco bei der Neubepflanzung von rund 20.000 Hektar unterstützen. Zudem werden Samen eingeführt, die natürlicherweise resistent gegen den Pilz sind, aber die Qualität des Kaffees nicht beeinträchtigen. Und bei den Bepflanzungsaktionen bringen Experten des Landwirtschaftsministeriums den Bauern neue Anbautechniken bei.

Was macht Ihre Kreditgenossenschaft Oikocredit dabei?

Wir arbeiten mit Produktionsgenossenschaften zusammen, die Fairtrade- und Biokaffee anbauen. Sie erhalten von uns üblicherweise Darlehen und Kreditlinien, etwa zur Vorfinanzierung der Ernten. Infolge von la roya haben wir in Ergänzung zu den Regierungsmaßnahmen auch besonders langfristige Darlehen aufgelegt, damit unsere Partner befallene Sträucher wiederherrichten oder resistente Kaffeesetzlinge pflanzen können. Wir bieten zudem Fortbildungen an, die die Wiederherstellungsprogramme begleiten.

Neben produzierenden Genossenschaften finanzieren Sie auch Mikrofinanzorganisationen – obwohl Mikrokredite die Gefahr bergen, dass sich Menschen zu hoch verschulden.

Oikocredit arbeitet nur mit Banken und Organisationen zusammen, die sozial verantwortlich Geld an Bauern und Kleinunternehmer verleihen. Sie vergeben Kredite mit fairen Zinsen und zu transparenten Konditionen, mit denen sich Menschen nicht überschulden. Mikrokredite machen das Leben für Kleinunternehmer vor allem einfacher, sie ebnen ihre oft stark schwankenden Einkünfte. Das macht nicht unbedingt aus einer Ein-Personen-Firma ein Unternehmen in der Größe von Walmart, aber die Menschen können mit solchen Kleindarlehen ihren Lebensunterhalt besser bestreiten, ihre Krankenversicherung, die Ausbildung für ihre Kinder. Das ist schon ein Erfolg.

INTERVIEW: LAURA FLIERL