Cem Özdemir vs. Fraktion

GRÜNE Waffenlieferung spaltet die Parteispitze

BERLIN taz | Abweichlertum hat Tradition bei den Grünen, gerade in außenpolitischen Fragen. Doch ein Parteichef, der den Kurs der eigenen Bundestagsfraktion nicht mitträgt – das hat Seltenheitswert. Dass die Grünen-Spitze die schwierige Frage nach Nutzen und Risiken von Waffenlieferungen an die Kurden im Irak unterschiedlich beantwortet, hatte sich seit Tagen abgezeichnet. Diese Differenzen bildeten sich auch im Bundestag ab.

Die große Mehrheit der Fraktion stimmte am Montag gegen die Waffenlieferung und stattdessen für einen grünen Gegenantrag. Darin positionieren sich die Grünen „gegen die von der Bundesregierung beschlossene Lieferung von Waffen aus Deutschland in den Irak“.

Der Einsatz militärischer Gewalt sei „als letztes Mittel manchmal geboten“, argumentierte Fraktionschef Anton Hofreiter in der Plenardebatte. Im aktuellen Fall aber überwögen die Risiken den „möglichen kurzfristigen Nutzen“. Die Grünen-Fraktion halte den „konkreten Vorschlag“ der Regierung für falsch – „nicht die Intention“. Zu groß sei die Gefahr, dass die Waffen in die falschen Hände geraten. „Die Kurden werden die Waffen nicht zurückgeben“, warnte Hofreiter. Sie könnten zum „Treibstoff“ für weitere Konflikte werden.

Parteichefin Simone Peter versicherte, die Grünen seien mehrheitlich „gegen Waffenlieferungen in Krisenregionen“. Auf Nachfrage musste sie jedoch einräumen: Auch ihr Kovorsitzender widerspricht in diesem Punkt. „Wir decken diese Meinungen nicht zu“, versicherte Peter. Parteichef Cem Özdemir beklatschte im Plenum zwar Hofreiters Rede, stimmte aber weder für den Antrag der Regierung noch für den seiner Fraktion; er enthielt sich. Dies sei eine „Gewissensentscheidung“, sagte er gegenüber Süddeutsche.de.

Özdemir war mit seiner abweichenden Haltung nicht allein. Schon bei der Sondersitzung der Fraktion hatte sich abgezeichnet, dass einige dem Nein der Fraktion nicht folgen würden. In einer Probeabstimmung lehnten 7 Abgeordnete den Grünen-Antrag ab, 3 enthielten sich. Zu den Kritikern der Fraktionslinie gehörten auch die Realos Dieter Janecek und Franziska Brantner. ASTRID GEISLER