Demut und demokratischer Anstand

OHNMACHT Für Schwarz-Grün gibt es bei den Grünen kaum Unterstützung. Die Partei fürchtet um ihr Restprofil

BERLIN/DRESDEN taz | Nicht einmal ein Fünkchen Begeisterung blitzt auf bei den Grünen an diesem Morgen danach. Schwarz-Grün in Sachsen? „Ein solches Wahlergebnis motiviert nicht wahnsinnig“, sagt Spitzenkandidatin Antje Hermenau. Dabei galt die Realo-Politikerin eigentlich als Befürworterin dieser Farbkombination.

Das hört man ihr nach der Landtagswahl kaum noch an. „Rechnerisch würde es gehen“, kommentiert Hermenau nüchtern. Angesichts des schlechten Wahlergebnisses von gerade einmal 5,7 Prozent müssten die Grünen jetzt „demütig“ sein, sie würden sicherlich „keine Gesprächseinladungen verschicken“ – ein Sondierungsangebot der CDU aber selbstverständlich annehmen. Das sei „eine Frage des demokratischen Anstands“. Allerdings hätten die Grünen für solche Verhandlungen nun „nicht die Muckis“, die sie sich vor der Wahl erhofft hätten.

Entscheidend bei Sondierungen sei die „Treue zum Programm“. Deutlicher wird ihr Ko-Spitzenkandidat Volkmar Zschocke. Er benennt rote Linien, sollten die Grünen ein Gesprächsangebot der CDU erhalten. Eine davon: Raus aus der Braunkohle. Das haben die sächsischen Grünen in ihrem Wahlprogramm versprochen. Auch bereits genehmigte Tagebauflächen müssten überprüft werden.

Für die Grünen gehört der Ausstieg aus der Braunkohle auch bundespolitisch zu den Kernthemen. Da das Atomkraftthema nicht mehr zieht, wollen sie sich überregional als Anti-Kohle-Partei profilieren. Eine schwarz-grüne Braunkohle-Koalition in Sachsen könnte der Glaubwürdigkeit dieses Projekts nur schaden. Zumal Schwarz-Grün in Umfragen ohnehin nur auf magere Zustimmung bei den Wählern in Sachsen gestoßen ist.

Auch die Basis in der Landespartei für diese Option ist eher schmal. Mit dem Offenhalten ist man einen Burgfrieden eingegangen, um Spitzenkandidatin Antje Hermenau nicht zu beschädigen. Der knapp wieder erreichte Einzug in den Landtag wird Hermenau und ihrem dezenten Flirt mit der Union zwar nicht direkt angelastet. Kaum jemand aber rechnet damit, dass sie an die Fraktionsspitze zurückkehren wird, obschon sechs der acht Abgeordneten Neulinge sind. Antje Hermenau war auf der grünen Wahlparty auch nur kurz zu sehen, der geselligere Teil lief ohne sie.

„Ich kann keinen Regierungsauftrag für die Grünen erkennen“, erklärte denn auch am Montag Vorstandssprecherin Claudia Maicher. Die Wähler hätten die Rolle als CDU-Partner eher der SPD zugedacht.

Erst das knappe Ausscheiden der NPD aus dem Landtag hat eine Mehrheit von CDU und Grünen im Landtag rechnerisch überhaupt möglich gemacht.

A. GEISLER, M. BARTSCH