DIE „BERLINER ERKLÄRUNG“ IST VAGE UND DAHER KONSENSFÄHIG
: Nett und nichtig

Die Bundesregierung hatte sich im Vorfeld alle Mühe gegeben, die Erwartungen an den Inhalt der „Berliner Erklärung“ zu dämpfen. Ihr Wert liege ja schon darin, dass sich alle auf einen gemeinsamen Text hätten verständigen könnten. Das erfolgreiche Verfahren sei eine gute Voraussetzung für das eigentliche Projekt, die Reform der Europäischen Verträge.

Werfen wir also einen Blick auf das Verfahren. Nur zwei Stunden wurden den Regierungschefs auf dem Klimagipfel eingeräumt, um ihren Standpunkt darzulegen. Einhundertzwanzig Minuten für 27 Teilnehmer – das macht ungefähr vier Minuten für jeden. Danach wanderten Entwürfe und Formulierungsvorschläge per Mail zwischen den Hauptstädten hin und her. Mindestens zwei Regierungen – die tschechische und die polnische – waren mit diesem Vorgehen nicht zufrieden und machten das auch öffentlich klar. Hinter den Kulissen war in Brüssel auch aus vielen anderen Delegationen Groll über die selbstherrliche deutsche Art zu vernehmen, die anderen vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Auch die Geheimniskrämerei um den Inhalt der Berliner Erklärung störte viele. Damit zumindest ist nun Schluss, der Inhalt steht seit gestern im Internet. Ein Versprechen haben die deutschen Autoren gehalten: Die Erklärung liest sich deutlich besser als der sonst übliche EU-Sprech. Dafür hapert es mit der Präzision. Man habe lieber Umschreibungen als klare Begriffe gewählt, um den Inhalt verständlich für die Bürger zu machen, lautet die offizielle Begründung dafür. Da stellt sich die Frage, was an Wörtern wie „Erweiterung“ oder „Verfassung“ so schwer verständlich sein soll, dass man sie den Bürgern nicht zumuten kann.

Diese Begriffe fehlen denn auch aus einem ganz anderen Grund: Sie sind derzeit in der EU nicht konsensfähig. Einem Text, der klarer Stellung bezieht, hätten niemals alle 27 EU-Staaten zugestimmt. Die Bundesregierung täte gut daran, die Konflikte offen zu benennen. Denn mit einer kurzen Aussprache und ein paar E-Mails wird es in der nächsten Runde nicht mehr getan sein. Dann geht es darum, eine Reform der Europäischen Verträge zustande zu bekommen. DANIELA WEINGÄRTNER