Es bleibt bei 10.800 Euro Geldstrafe

FEUERTOD Der Bundesgerichtshof lehnt im Fall des verbrannten Asylbewerbers Oury Jalloh eine härtere Strafe gegen den verurteilten Polizisten ab. Linke und Grüne kritisieren das BGH-Urteil als enttäuschend

Gegen S., der weiter als Polizist arbeitet, wird das Disziplinarverfahren weitergeführt

KARLSRUHE taz | Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung des Polizisten Andreas S. wegen fahrlässiger Tötung des Asylbewerbers Oury Jalloh bestätigt. Eine zusätzliche Verurteilung wegen „Freiheitsberaubung mit Todesfolge“ hat der BGH dagegen abgelehnt.

Der aus Sierra Leone stammende Oury Jalloh war im Januar 2005 in einer Gewahrsamszelle des Dessauer Polizeireviers verbrannt. Das Landgericht Magdeburg stellte im Dezember 2012 nach 67-tägiger Hauptverhandlung fest, dass der schwer betrunkene Jalloh seinen Tod selbst verursacht habe. Mit einem Feuerzeug habe Jalloh – obwohl an Händen und Füßen fixiert – seine Matratze entflammt, um auf sich aufmerksam zu machen.

Andreas S. war zu dieser Zeit Dienstgruppenleiter im Dessauer Polizeirevier. Er wurde vom Landgericht Magdeburg verurteilt, weil er unterlassen habe, Jalloh permanent beobachten zu lassen. Das wäre wegen des Rauschzustands und der vom Polizeiarzt festgestellten Selbstschädigungsversuche notwendig gewesen. Die Anwälte des Polizisten forderten erneut Freispruch. Doch der BGH lehnte ihre Revision ab, das Urteil weise insoweit keine Rechtsfehler auf.

Die Angehörigen Jallohs und die Dessauer Staatsanwaltschaft forderten in ihrer Revision dagegen einen neuen Prozess und eine härtere Strafe. Polizist S. habe auch eine Freiheitsberaubung mit Todesfolge begangen, weil er Jalloh nach Feststellung der Personalien weder entließ noch die Genehmigung der fortdauernden Haft durch einen Richter veranlasste.

Nach Auffassung des BGH hätte S. tatsächlich „unverzüglich“ einen Richter einschalten müssen. S. hätte diese gesetzliche Pflicht auch kennen müssen. Hier korrigierte der BGH das Landgericht Magdeburg.

Dennoch wertete der BGH das Unterlassen nicht als rechtswidrige Freiheitsberaubung. Wäre nämlich ein Richter gefragt worden, so hätte dieser den schwer alkoholisierten Jalloh vermutlich auch im Gewahrsam gelassen, prognostizierte der BGH. Das Versäumnis von S. sei also nicht kausal für die fortdauernde Haft gewesen. Der BGH folgte hier den Argumenten der Bundesanwaltschaft. Jallohs Angehörige hatten die Feststellungen zur Todesursache nicht angegriffen, weil in der Revision ohnehin keine neuen Beweise geprüft werden.

Damit ist die Verurteilung von S. zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro (120 Tagessätze) rechtskräftig. Gegen S., der weiter als Polizist arbeitet, wird nun das beamtenrechtliche Disziplinarverfahren weitergeführt.

Die Initiative „Gedenken für Oury Jalloh“ protestierte im Gerichtssaal, die Justiz decke einen „Mord“. Grüne und Linke kritisierten das Urteil als „große Enttäuschung.“ Ungereimtheiten blieben, nichts sei aufgeklärt. Die Staatsanwaltschaft Dessau hat angesichts der noch ungeklärten Fragen im Frühjahr ein neues Verfahren zur Ermittlung der Todesursache eingeleitet. (Az.: 4 StR 473/13) CHRISTIAN RATH